Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

270 I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 96. 
heriger Zustimmung der Kammern erlassenes Gesetz nicht Aus- 
nahmen bestimmt. Die Bildung des Geschworenengerichts regelt 
das Gesetz. 
Artikel 3. 
Es kann durch ein mit vorheriger Zustimmung der 
Kammern zu erlassendes Gesetz ein besonderer Gerichtshof er- 
richtet werden, dessen Zuständigkeit die Verbrechen des Hoch- 
verraths und diejenigen Verbrechen gegen die innere und äußere 
Sicherheit des Staats, welche ihm durch das Gesetz überwiesen 
werden, begreift. 
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem 
Königlichen Insiegel. 
Gegeben Berlin, den 21. Mai 1852. 
L. S. Friedrich Wilhelm. 
v. Manteuffel. v. d. Heydt. Simons. v. Raumer. v. Westphalen. 
v. Bodelschwingh. v. Bonin. 
Auch die Bestimmungen der Art. 2 und 3 dieses Gesetzes vom 21. Mai 1852 sind 
nicht mehr geltendes Recht. Maßgebend sind jetzt die 88 73, 80, 136 Nr. 1 des Ge- 
richtsverfassungsgesetzes. Darnach sind zuständig: 
a) die Strafkammern 
1. für diejenigen Verbrechen, welche mit Zuchthaus von höchstens fünf Jahren, 
allein oder in Verbindung mit anderen Strafen bedroht sind, mit Ausnahme 
der Fälle der §§ 86, 100, 106 des Strafgesetzbuchs; 
2. für die Verbrechen der Personen, welche zur Zeit der That das achtzehnte 
Lebensjahr noch nicht vollendet hatten; 
3. für das Verbrechen der Unzucht im Falle des § 176 Nr. 3 des Strafgesetzbuchs; 
4. für das Verbrechen des Diebstahl in den Fällen der §8 243 und 244 des 
Strafgesetzbuchs; 
5. für das Verbrechen der Hehlerei in den Fällen der §§ 260 und 261 des 
Strafgesetzbuchs:; 
6. für das Verbrechen des Betruges im Falle des § 264 des Strafgesetzbuchs; 
b) das Reichsgericht für die Untersuchung und Entscheidung in erster und letzter In- 
stanz in den Fällen des Hochverraths und des Landesverraths, insofern diese 
Verbrechen gegen den Kaiser oder das Reich gerichtet sind; 
Jc) die Schwurgerichte für die Verbrechen, welche nicht zur Zuständigkeit der Straf- 
kammern oder des Reichsgerichts gehören. 
Artikel 96. 
Die Kompetenz der Gerichte und Verwaltungsbehörden wird 
durch das Gesetz bestimmt. Ueber Kompetenzkonflikte zwischen den 
Verwaltungs= und Gerichtsbehörden entscheidet ein durch das Gesetz 
bezeichneter Gerichtshof. 
A. Wenn jede von mehreren Behörden, von denen nur eine zuständig, kompetent sein kann, 
ihre Zuständigkeit, Kompetenz, zur Erledigung eines bestimmten Geschäfts, oder wenn 
jede von mehreren Behörden, von denen eine nothwendig kompetent ist, ihre Inkom- 
petenz behauptet, so liegt ein Kompetenzkonflikt vor und zwar im ersten Falle ein sog. 
positiver, im zweiten ein sog. negativer. Ein solcher Kompetenzkonflikt kann stattfinden 
zwischen mehreren Gerichten, mehreren Verwaltungsbehörden, mehreren Verwaltungs- 
gerichten, zwischen einem Gericht und einer Verwaltungsbehörde, einem Gericht und 
einem Verwaltungsgericht, einer Verwaltungsbehörde und einem Verwaltungsgericht. 
Der wichtigste Konflikt ist natürlich der zwischen einem Gerichte auf der einen und einer 
Verwaltungsbehörde oder einem Verwaltungsgerichte auf der anderen Seite. Er bedarf
	        
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