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I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 96.
– 12.
Die Entscheidung des Gerichtshofes über den Kompetenzkonflikt erfolgt auf
Grund mündlicher Verhandlung in öffentlicher Sitzung. Die Vorschriften der §§ 170
bis 185 des Gerichtsverfassungsgesetzes über Oeffentlichkeit und Sitzungspolizei, so-
wie die Vorschriften der §8 145 f. der Civilprozeßordnung über die Austehme
eines Protokolls finden entsprechende Anwendung.
8 13.
Der Termin zur mündlichen Verhandlung wird von dem Vorsitzenden von
Amtswegen bestimmt.
Die Parteien sind zu dem Termine von Amtswegen zu laden. Das Er-
scheinen der Parteien oder eines Vertreters ist nicht erforderlich
Die Parteien müssen sich, wenn sie in dem Termine verhandeln wollen,
durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Diese Vorschrift findet auf öffentliche
Behörden und auf Personen, welche zum Richteramt befähigt sind, keine Anwendung.
Die Bestimmung des Termines ist dem betheiligten Verwaltungschef anzu-
zeigen. Derselbe kann einen Beamten mit seiner Vertretung beauftragen.
814.
In dem Termine zur mündlichen Verhandlung giebt ein von dem Vor-
sitzenden beauftragtes Mitglied des Gerichtshofes eine Danstellung der bisher statt-
gefundenen Verhandlungen. Sodann werden die Vertreter der Parteien und der
von dem Verwaltungschef abgeordnete Beamte gehört.
15.
Das Urtheil kann nur von denjenigen Mitgliedern gefällt werden, welche
der dem Urtheil zu Grunde liegenden Verhandlung beigewohnt haben.
Die Verkündung des Urtheils erfolgt in dem Termine, in welchem die münd-
liche Verhandlung geschlossen wird, oder in einem sofort anzuberaumenden Termin,
welcher nicht über eine Woche hinaus angesetzt werden soll.
In dem Urtheil sind die Namen der Mitglieder, welche bei „der Entscheidung
mitgewirkt haben, anzugeben. 6
8 16.
Die Ausfertigungen der Urtheile sind von dem Vorsitzenden zu unterschreiben
und mit dem Gerichtssiegel zu versehen.
17.
Eine Ausfertigung des Urtheils ist dem Verwaltungschef, eine andere mit
den gerichtlichen Akten dem Justizminister mitzutheilen.
Der Justizminister übersendet die Ausfertigung des Urtheils mit den Akten
an das Gericht, bei welchem die Sache anhängig war. Das Gericht hat den Par-
teien das Urtheil von Amtswegen zustellen zu lassen.
8 18.
Ist der Rechtsweg für unzulässig erkannt, so werden Gerichtskosten nicht
erhoben und die bereits erhobenen zurückgezahlt; eine Erstattung der den Parteien
erwachsenen Kosten findet nicht statt.
19.
Ist zur Zeit der Erhebung des Kompetenzkonflikts ein in dem Rechtsstreit
erlassenes Urtheil vorläufig vollstreckbar, so hat das Gericht, bei welchem die Sache
anhängig ist, die einstwei ig Einstellung der Zwangsvollstreckung von Amtswegen
anzuordnen. Gegen diese Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt.
Wird der Rechtsweg für zulässig erkannt oder der Kompetenzkonflikt zurück-
genommen, so ist die Entscheidung von Amtswegen wieder aufzuheben.
8 20.
Das durch die Erhebung eines Kompetenzkonflikts veranlaßte Verfahren ist
ebühren- und stempelfrei. Baare Auslagen werden nicht in Ansatz gebracht. Eine
Erstalktung der den Parteien erwachsenen Kosten findet nicht statt.
8 21.
Haben in einer Sache einerseits die Gerichte und andererseits die Verwaltungs-
behörden oder Verwaltungsgercchte ihre Unzuständigkeit endgültig ausgesprochen,
weil von den Gerichten die Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichte und
von diesen die Gerichte für zuständig erachtet sind, so entscheidet der Gerichtshof
über den Kompetenzkonflikt auf Antrag einer bei der Sache betheiligten Partei.