Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

282 I. Verfassungsurkunde v. 31. Januar 1850. Art. 97. 
dem Abgeordnetenhause, welches die Aufhebung des Gesetzes vom 13. Februar 1854 
verlangte, abgelehnt. Das Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 
1883 regelte in 8 114 das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht ebenmäßig wie 
in § 113 — siehe Anm. D. zu Art. 96, oben S. 220 — das Verfahren bei eigent- 
lichen Kompetenzkonflikten. Die Verordnung vom 1. August 1879 über Kompetenzkonflikte 
findet auf diese Konflikte keine Anwendung, vielmehr ist für die letzteren nach §8 1 Abs. 2 
des Gesetzes vom 13. Februar 1854 auch noch jetzt das Gesetz vom 8. April 1817 
maßgebend. 
Die Materie findet sich also in mehreren Gesetzen behandelt, neben denen der 
oben gedachte Staatsministerialbeschluß zu beachten ist. Die Konfliktserhebung steht der 
vorgesetzten Provinzial- oder Centralbehörde zu, ist also nicht möglich bei Einleitung 
eines gerichtlichen Verfahrens gegen die kommandirenden Generale, die Staatsminister. 
den Präsidenten des Evangelischen Oberkirchenraths und den Präsidenten der Ober- 
rechnungskammer, weil für diese Beamten keine vorgesetzte Dienstbehörde existirt. Sie 
ist ferner ausgeschlossen, wenn die gerichtliche Verfolgung eingeleitet ist gegen Justizbe- 
amte mit Ausnahme der Beamten der Staatsanwaltschaft und der gerichtlichen Polizei 
und gegen die im Geltungsbereiche des Rheinischen Rechts angestellten Hypothekenbe- 
wahrer und Civilstandsbeamten. Sie ist nicht zulässig bezüglich der Reichsbeamten, 
denn nach § 63 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 
31. März 1873 (Reichs-Gesetzbl. S. 61) ist „jeder Reichsbeamte für die Gesetzmäßigkeit 
seiner amtlichen Handlungen verantwortlich.“ Diese Bestimmung findet aber nach § 157 
auf Personen des Soldatenstandes keine Anwendung. Personen des Soldatenstandes 
sind nach der Anlage zum Militärstrafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 20. Juni 
1872 (Reichs-Gesetzbl. S. 204) die Offiziere, Unteroffiziere, Gemeinen, Mitglieder 
des Sanitätskorps und des Maschineningenieurkorps. Die Personen des Soldatenstan- 
des zählen nach 88 1 ff. A. L. R. II. 10 zu den Staatsbeamten im weiteren Sinne. 
Nach §7 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze wird die Militärgerichts- 
barkeit durch das Gerichtsverfassungsgesetz nicht berührt, beschränkt sich aber auf Strafsachen 
und die nicht streitige Gerichtsbarkeit. Für die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gegen 
Personen des Soldatenstandes sind besondere Gerichte nicht bestellt oder zugelassen, sie 
gehören daher nach § 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes vor die ordentlichen Gerichte. 
Bezüglich dieser bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist die Konfliktserhebung zulässig, aber 
die Vorentscheidung gebührt dem Oberverwaltungsgerichte. Hiernach wären Satz 3 und 4 
§ 6 des Gesetzes vom 13. Februar 1854 nicht mehr geltendes Recht. Thatsächlich 
allerdings und nach Ansicht der meisten Theoretiker, sowie des Justizministeriums wer- 
den dieselben für noch geltend erachtet (siehe Just.-Minist.-Bl. 1888 S. 8. Nr. 7 und 
Jahrbuch der Preußischen Gerichtsverfassung S. 129). 
Eine Darstellung des von den Justizbehörden zu beobachtenden Verfahrens ist 
enthalten im Just.-Minist.-Bl. 1888 S. 6 bis 8. · 
B. Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetze. 
8 11. 
Die landesgesetzlichen Bestimmungen, durch welche die strafrechtliche oder 
civilrechtliche Verfolgung öffentlicher Beamten wegen der in Ausübung oder in 
Veranlassung der Ausübung ihres Amts vorgenommenen Handlungen an besondere 
Voraussetzungen gebunden ist, treten außer Kraft. 
Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche die Ver- 
folgung der Beamten entweder im Falle des Verlangens einer vorgesetzten Behörde 
oder unbedingt an die Vorentscheidung einer besonderen Behörde gebunden ist, mit 
der Maßgabe, 
1. daß die Vorentscheidung auf die Feststellung beschränkt ist, ob der Beamte sich 
einer Ueberschreitung seiner Amtsbefugnisse oder der Unterlassung einer ihm 
obliegenden Amtsohandlung schuldig gemacht habe; 
2. daß in den Bundesstaaten, in welchen ein oberster Verwaltungsgerichtshof be- 
steht, die Vorentscheidung diesem, in den anderen Bundesstaaten dem Reichs- 
gerichte zusteht. 
Gesetz, betreffend die Konflikte bei gerichtlichen Verfolgungen 
wegen Amts- und Diensthandlungen. Vom 13. Februar 1854. (Ges.= 
Samml. S. 86.) « 
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen 
2c. verordnen, mit Zustimmung der Kammern, was folgt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.