Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

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I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 99. 
Generalkommissionen, Straf= und Besserungsanstalten, Gewerbeschulen, Haupt= und 
Landgestüte, wissenschaftlichen Anstalten u. s. w. Für diese verschiedenen Kassen sind 
wieder verschiedene Instruktionen erlassen, z. B. für die Regierungshauptkassen am 
21. Mai 1887, für die Gerichts- und die Justizhauptkassen am 15. Juli 1893, für die 
Kreiskassen am 30. Dezember 1879. Das Versayren ist im Ganzen übereinstimmend 
und nach dem Gesichtspunkte geregelt, den Gang des Kassengeschäfts genau nachzuweisen 
und den Stand der Kasse jederzeit ersichtlich zu machen. Die Buchführung geschieht 
durch die Kassenbücher, in welche die Einnahmen und Ausgaben eingetragen: Journal, 
in welches dieselben nach der Zeitfolge zusammengestellt, Manual, in welchem sie nach 
den Kapiteln und Titeln des Etats, Kontobuch, in welchem sie nach der Person des 
Einzahlenden oder Empfängers gesondert werden. Die Einnahmen und Ausgaben sind 
durch Anweisungen (Ordres) der zuständigen Behörde zu rechtfertigen (justifiziren), die 
Ausgaben außerdem durch Belege (Quittungen) nachzuweisen, die, insoweit es sich um 
stattgehabte Lieferungen oder Leistungen handelt, bezüglich der Richtigkeit bescheinigt 
sein müssen. Zum summarischen Nachweise der bei einer Kasse in einem bestimmten Zeit- 
raume stattgehabten Einnahmen und Ausgaben und des vorhandenen Baarbestandes 
dienen die Kassenabschlüsse oder Kassenextrakte. Dieselben werden auf Grund der Kassen- 
bücher monatlich und vierteljährlich aufgestellt, und der letzte Vierteliahrsabschluß bildet 
ngleich den Finalabschluß, indem er das ganze Jahresergebniß im Soll und Ist um- 
saht Seit dem 1. Januar 1859 besteht in dem Finanzministerium ein Rechnungs- 
bureau unter dem Namen Hauptbuchhalterei des Finanzministeriums. Durch Cirkular- 
reskript des Finanzministers vom 7. Januar 1859 (Verwaltungs-Minist.-Bl. S. 25) 
sind sämmtliche Kassen, welche über Staatseinnahmen und -Ausgaben auf Grund eines 
vom Finanzminister mit vollzogenen Etats Rechnung zu legen haben, angewiesen wor- 
den, für jeden Monat unmittelbar an diese Hauptbuchhalterei einen Abschluß einzu- 
reichen, in welchem die in dem abgelaufenen Monate wirklich vorgekommenen Einnahmen 
und Ausgaben, verbliebenen Einnahme= und Ausgabereste, Vorschüsse und Kassenbestände 
nachzuweisen sind. Zur Aufsicht über die Kassenverwaltung ist endlich für jede Kasse 
ein Kassenkurator bestellt, welcher die Kasse monatlich an bestimmten Tagen und außer- 
dem jährlich einmal zu unvermutheter Zeit zu revidiren hat. Wird ein Defekt entdeckt, 
so tritt das Defektorialverfahren ein (Verordnung über die Festsetzung und den Ersatz 
der bei Kassen und anderen Verwaltungen vorkommenden Defekte vom 24. Januar 1844, 
Ges.-Samml. S. 52). Der Defekt wird durch Beschluß der Aufsichtsbehörde festgestellt, 
welcher mit dem Rekurs an die Oberbehörde, sowie während eines Jahres auf dem 
Rechtswege angefochten werden kann, aber sofort vollstreckbar ist. 
Sämmtliche Kassen sind zur Rechnungslegung verpflichtet. Durch diese soll gezeigt 
werden, wie nach Ablauf des Jahres der Plan sich erfüllt hat, der vor Beginn desselben 
im Etat aufgestellt war. Das Rechnungsjahr deckt sich daher mit dem Etatsiahr, die 
Titel der Rechnung mit denen des Etats (der Spezialetats). Die Rechnung muß voll- 
ständig darthun, was und wieviel nach den Etats und den besonderen Anweisungen hat 
eingenommen oder ausgegeben werden sollen; was und wieviel auf das Soll wirklich 
vereinnahmt und verausgabt ist; was und wieviel in Vergleichung des Ist gegen das 
Soll und nach Berücksichtigung der Ausfälle, welche bei den Einnahmen, und der Er- 
sparnisse, welche bei den Ausgaben stattgehabt haben, an Einnahme- und Ausgaberest 
verblieben ist; endlich wieviel nach Abzug der Ausgabe von der Einnahme an Bestand 
vorhanden und davon entweder dem Betrage zu gut zu rechnen oder zu den Restaus- 
gaben noch zu verwenden ist. Auf Grund der einzelnen Rechnungen stellt der Finanz- 
minister die allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt jeden Jahres auf und legt 
sie in Gemäßheit des Art. 104 der Verfassungsurkunde dem Landtage zur Entlastung 
der Staatsregierung vor. 
Ueber das Formelle des Rechnungswesens sind in § 46 der Instruktion für die 
Oberrechnungskammer vom 18. dezember 1824 einige Anordnungen ertheilt. In den- 
jenigen Fällen, in denen grundsätzlich zu einzelnen Einnahme= und Ausgabepositionen 
die Genehmigung des Königs erforderlich ist, müssen die desfallsigen Kabinetsordres 
— die sog. fustch zirenden Kabinetsordres — den Rechnungsbelegen in beglaubigter Ab- 
schrift beigefügt werden (a. a. O. Abs. 8). Die weiteren Vorschriften über die formelle 
Einrichtung der Jahresrechnungen und Justifikatorien werden von der Oberrechnungs- 
kammer getroffen. 
Den Mittelpunkt für die Rechnungslegung und die höchste kontrolirende Behörde 
für die gesammte Staatshaushaltung bildet die Oberrechnungskammer zu Potsdam. 
Dieselbe besteht, ursprünglich unter dem Namen Generalrechenkammer, seit dem Jahre 
  
  
 
	        
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