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I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 103.
Durch Art. 59 der Verfassungsurkunde ist die Bestimmung des 8 III. der Ver-
ordnung vom 17. Januar 1820 bezüglich der dem Kronfideikommißfonds auf die Einkünfte
der Domänen und Forsten angewiesenen Rente von jetzt 7719296 Mark ausdrücklich
bestätigt worden. Somit sind die Revenüen aus jenen Domänen und Forsten laut Gesetz
und Verfassungsurkunde zu einem bestimmten Zwecke zu verwenden. Daraus folgt,
daß jene Domänen und Forsten nur auf Grund eines Gesetzes und sogar, wenn ihr Ertrag
sich nur noch mit jener Rente deckt, nur auf Grund eines verfassungsändernden Gesetzes in den
Formen des Art. 107 veräußert werden dürfen. Dagegen stehen die neueren Domänen
und Forsten mit jener älteren Staatsschuld in keiner Beziehung, und ebensowenig sind
die neueren Staatsschulden Behufs Sicherstellung von Kapital, Tilgung und Zinsen
mit ihnen überhaupt in Verbindung gebracht. Somit können die seit 1826 erworbenen
Domänen und Forsten ohne Zustimmung des Landtages veräußert werden.
bezüglich der nicht zu den „landesherrlichen Domänen“ gehörigen Immobilien be-
stimmt die Kabinetsordre vom 17. Juni 1326:
III. Zu den zufälligen Einnahmen, welche durch die Bestimmungen meiner Ordre an
das Staatsministerium vom 17. Januar 1820 § 1 (S. 23 der Ges.-Samml.) dem
Staatsschatze übereignet sind, gehört:
1. Der Erlös aus der Veräußerung oder Erbverpachtung solcher Besitzungen und
Anlagen des Staats, die nicht unter den Domänen begriffen worden, der Do-
mänenverwaltung nicht beigelegt, und mit ihren Nutzungen dem Tilgungs- und
Verhinfungssond der Staatsschulden nach § VII. Nr. 1 nicht überwiesen sind,
z. B. die von dem Ministerium des Innern abhängigen Hütten-, Hammer-,
Gruben= und Salzwerke, gewerbliche Anlagen, Gebäude aller Art, die nicht zu
den Wohn= und Wirthschaftsgebäuden auf den Domänen zu zählen sind, als:
Militärgebäude, Gebäude der Steuerverwaltung, Kollegienhäuser 2c., insofern
der Erlös aus dem Verkaufe nicht den Verwaltungsbehörden, Behufs anderer
an die Stelle der veräußerten tretender Einrichtungen, verbleiben muß.
Infolge der Bildung eines Reichskriegsschatzes ist durch das Gesetz, betreffend die
Aufhebung des Staatsschatzes, vom 18. Dezember 1871 (Ges.-Samml. S. 593) der
Staatsschatz mit dem 2. Januar 1872 aufgehoben. Seitdem fließen alle Einnahmen,
welche bisher dem Staatsschatz zuzuführen waren, dem allgemeinen Staatsfonds zu,
werden also entweder als Deckungsmittel im Staatshaushalt oder zur Tilgung von
Staatsschulden verwendet. Ein Gesetz, welches die nicht zu den „landesherrlichen Do-
mänen“ gehörigen Immobilien allgemein für unveräußerlich erklärt oder itre Ver-
äußerung allgemein an die Zustimmung des Landtages bindet, existirt nicht. Bezüglich
des wichtigsten Theils dieses Staatsvermögens aber, nämlich bezüglich der Eisenbahn-
anlagen, hat die Spezialgesetzgebung eingegriffen. Zuerst in dem Gesetze vom 9. März
1867 (Ges.-Samml. S. 393) und in allen späteren Eisenbahngesetzen wird die Ver-
äußerung an die Zustimmung des Landtages geknüpft, bald ohne Einschränkung, bald
mit gewissen Milderungen. 1 B. das jüngste Eisenbahngesetz, das Gesetz, betreffend die
Erweiterung, Vervollständigung und bessere Ausrüstung des Staatseisenbahnnetzes, vom
3. Juli 1893 (Ges.--Samml. S. 105) verordnet in
84.
Jede Verfügung der Staatsregierung über die in 8 1 unter Nr. I. und II.
bezeichneten Eisenbahnen bezw. Eisenbahntheile durch Veräußerung bedarf zu ihrer
Rechtsgiltigkeit der Zustimmung beider Häuser des Landtages. «
Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf die beweglichen Bestandtheile und
Zubehörungen dieser Eisenbahnen beziehungsweise Eisenbahntheile und auf die un-
beweglichen insoweit nicht, als dieselben nach der Erklärung des Ministers der öffent-
lichen Arbeiten für den Betrieb der betreffenden Eisenbahn entbehrlich sind.
Unter dieses Verbot sind nach und nach sämmtliche Staatsbahnen gezogen worden.
Das Resultat ist also, daß die älteren Domänen und Forsten und die Staats-
eisenbahnen nur auf Grund eines Gesetzes veräußert werden dürfen, bezüglich alles
übrigen Staatsvermögens aber die Veräußerung an eine Zustimmung des Landtages
nicht gebunden ist.
Die von v. Rönne und v. Schulze gegebene Begründung ihrer Behauptung, daß jede
Veräußerung eines als Einnahmequelle dienenden Vermögensstückes nur mit gesetzlicher
Ermächtigung erfolgen dürfe, kann nicht für zutreffend erachtet werden. Es ist richtig,
daß in früheren Zeiten, noch zur Zeit des großen Kurfürsten, kein Theil des Staats-
vermögens ohne die Genehmigung der Stände hat veräußert werden dürfen; dies wird
noch in dem Landtagsrezeß vom 26. Juli 1655 unumwunden anerkannt. Aber zwischen