Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

II. Ges. über 2c. Bundes= u. Staatsangehörigkeit v. 1. Juni 1870. § 3. 4. 353 
hinein erfolgt. Eine doppelte Staatsangehörigkeit ist sogar bei der Begründung durch 
Geburt möglich, z. B. nach Englischem Rechte ist jeder auf Britischem Toden Geborene 
eo ipso Britischer Staatsangehöriger. Uebereinstimmend das Reskript des Ministers 
des Innern vom 3. Oktober 1872, Verwaltungs-Minist.-Bl. S. 249. 
9 3. 
Durch die Geburt, auch wenn diese im Auslande erfolgt, er- 
werben eheliche Kinder eines Norddeutschen die Staatsangehörigkeit 
des Vaters, uneheliche Kinder einer Norddeutschen die Staatsangehörig- 
keit der Mutter. 
A. Als ehelich gilt das in der Ehe empfangene Kind. Das nach Ablauf einer gewissen 
Frist seit Eingchung oder vor Ablauf einer gewissen Frist nach Endigung der Ehe ge- 
borene Kind ist als ein ehelich empfangenes Kind zu vermuthen. Diese Fristen sind 
nach den verschiedenen Rechtsgebieten verschieden. 
1. Nach Gemeinem Rechte gilt das frühestens am 182. Tage nach Eheschluß, den Tag 
desselben eingerechnet, geborene Kind als ehelich empfangen. In Neuvorpommern 
und Rügen, sowie im Gebiete des Allgemeinen Landrechts gilt das in der Ehe ge- 
borene Kind als ehelich; für den Gegenbeweis gegen diese gesetzliche Vermuthung 
setzt das Allgemeine Landrecht eine Frist von 210 Tagen. Nach Rheinischem Rechte 
ist der 180. Tag maßgebend, den Tag der Eheschließung einbegriffen. 
2. Als spätesten Termin nach Endigung der gh setzen das Gemeine Recht und das 
Allgemeine Landrecht den 302. Tag, das Rheinische Recht den 300. Tag, den Tag 
der Endigung einbegriffen. 
B. Ob die Geburt als eheliche oder uneheliche anzusehen ist, bestimmt sich nach dem Landes- 
rechte. Vorausgesetzt für die eheliche Geburt ist eine gültige Ehe. Kinder aus Putativ- 
ehen — in gutem Glauben an ihre Gültigkeit geschlossene Ehen — gelten als eheliche. 
Ebenso nach Gemeinem Rechte Kinder aus ungültig erklärten Ehen, wenn sie vor der 
Ungültigkeitserklärung gezeugt sind, und nach Allgemeinem Landrecht aus nichtig er- 
klärten oder aus ungültigen, nachträglich als nichtig ausgehobenen Ehen, wogegen nach 
Rheinischem Rechte durch Nichtigerklärung der Ehe die Kinder rückwärts zu unehelichen 
werden. 
Der Geburtsort an sich ist, mag er im Auslande oder in einem anderen Bundesstaate liegen, 
für die Beurtheilung der Staatsangehörigkeit gleichgültig. Ebenso ist es unerheblich, ob die Ge- 
burt innerhalb Deutschlands im Gebiete des Heimathsstaates des Vaters bezw. der 
Mutter oder in dem Gebiete eines anderen Bundesstaates stattgefunden hat, ist dies 
selbst dann, wenn die Eltern außerhalb des Heimathsstaates einen wirklichen Wohnsitz 
begründet haben. 
D. Aus der Bestimmung, daß die unehelichen Kinder die Staatsangehörigkeit der Mutter 
erwerben, folgt keineswegs, daß sie bei einem Wechsel der Staatsangehörigkeit der 
Mutter ebenfalls ihre Staatsangehörigkeit wechseln. Vielmehr sind die §8 4, 13 des 
Gesetzes maßgebend. Somit erwirbt, wenn die ausländische Mutter durch Verheirathung 
mit einem Anderen als dem natürlichen Vater des Kindes nach § 5 Preußische Staats- 
angehörigkeit erworben hat, ihr uneheliches Kind dadurch allein nicht die Preußische 
Staatsangehörigkeit, wohl aber nach § 4 des Gesetzes dadurch, daß der Vater des Kindes, 
der ein Preuße ist, die Mutter heirathet, also eine legitimatio per subscquens matri- 
monium stattfindet (Reskript des Ministers des Junern vom 21. Januar 1862, Ver- 
waltungs-Minist.-Bl. S. 25). Ebenso ändert der Austritt oder die Entlassung der 
Mutter aus dem Unterthanenverbande, insbesondere auch deren Verheirathung mit 
einem Ausländer, wobei das uneheliche Kind der Mutter ins Ausland folgt, nach § 13 
Nichts in der Staatsangehörigkeit des Kindes (desgl. vom 5. Juli 1850, ebenda S. 210). 
84. 
Ist der Vater eines unehelichen Kindes ein Norddeutscher und 
besitzt die Mutter nicht die Staatsangehörigkeit des Vaters, so er- 
Schwaryp, Preußische Verjsassungsurkunde. 23 
□
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.