II. Ges. über 2c. Bundes= u. Staatsangehörigkeit v. 1. Juni 1870. 8 16. 17. 365
während einer Uebung den für Reservisten und Wehrleute geltenden Vor-
schriften.
Die aus dem Beurlaubtenstande zum Dienst einberufenen Offiziere, Aerzte,
Militärbeamten und Mannschaften gehören von dem Tage, zu welchem sie ein-
berufen sind, bis zum Ablauf des Tages der Wiederentlassung zum aktiven Heere
(Reichsmilitärgesetz § 38 B. 1). Ueber die Entlassung der Offiziere und der im
Offizierrange stehenden Aerzte aus der Staatsangehbrigkeit bestimmt § 15 sub Nr.
2, ohne zwischen Aktivität und Nichtaktivität zu unterscheiden. Den übrigen Mit-
gliedern der Reserve und Land-, bezw. Scewehr, die im Osfizierrange stehenden
Beamten eingeschlossen, und ebenso nach § 11 des Gesetzes, betreffend Aenderungen
der Wehrpflicht, vom 11. Februar 1888 (Reichs-Gesetzbl. S. 11) den Ersatz-
reservisten darf, wenn sie nicht zum aktiven Dienst einberufen sind, und außerhalb
der Zeiten eines Krieges oder einer Kriegsgefahr (§ 17 des Gesetzes) die Ent-
lassung aus der Staatsangehörigkeit nicht verweigert werden, sie werden aber nach
Strafgesetzb. § 360 Nr. 3 mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit
Haft bestraft, wenn sie ohne Erlaubniß, d. h. ohne aus der. Staatsangehörigkeit
entlassen zu sein, auswandern. Jedoch sind nach dem Gesetz vom 11. Februar 1888
§§ 4 Nr. 3, 21 Nr. 4 und Strafgesetzb. § 360 Nr. 3 die Personen der Land= und
Seewehr zweiten Aufgebots bei gleicher Strafe auf die Verpflichtung beschränkt,
von ihrer bevorstehenden Auswanderung der zuständigen Militärbehörde Anzeige
zu erstatten. Diese letztere Verpflichtung bezieht sich nicht bloß auf die „Mann-
schaften“", sondern auf die „Personen“, also auch auf die Offiziere und im Offizier-
range stehenden Aerzte der Land= und Seewehr zweiten Aufgebotes, so daß insoweit
§ 15 Nr. 2 abgeändert ist.
Nach § 2 Abs. 1 des sub b citirten Reichsgesetzes vom 3. Angust 1893 kann
Mannschaften, welche nach einer zweijährigen Dienstzeit entlassen worden sind, im
ersten Jahre nach ihrer Entlassung die Erlaubniß zur Auswanderung auch in der
Zeit verweigert werden, in welcher sie zum aktiven Dienst nicht einberufen sind.
8 16.
Norddeutschen, welche nach dem Königreich Baxern. dem Königreich Württem-
berg oder dem Grossherzogthum Baden oder nach den nicht zum Bunde gehörigen
Theilen des Grossherzogthums Hessen auswandern wollen, ist im Falle der Reziprozität
die Entlassung zu verweigern, solange sie nicht nachgewiesen haben, dass der be-
treffende Staat sie aufzunehmen bereit ist.
Siehe den letzten Abs. der Anmerk. zum Eingang, oben S. 350.
817.
Aus anderen als aus den in den 88 15 und is bezeichneten
Gründen darf in Friedenszeiten die Entlassung nicht verweigert werden.
Für die Zeit eines Krieges oder einer Kriegsgefahr bleibt dem Bundes—
präsidium der Erlaß besonderer Anordnung vorbehalten.
A. Die Entlassung mit Rücksicht auf bestehende Privat= und andere Verpflichtungen, also
auch wegen Steuerrückstände, zu verweigern oder zu verzögern, ist — siehe auch Art. 11
Abs. 1 der Verfassungsurkunde — nicht zulässig, während die Anwendung prozeßrecht-
licher Sicherungsmaßregeln nicht ausgeschlossen ist. Doch ist die Frage, ob die Steuer-
behörde bis zu ihrer Befriedigung die Entlassungsurkunde mit Beschlag belegen und so
deren Aushändigung an den Auswandernden hindern kann, nicht im Verwaltungsstreit-
verfahren zu entscheiden (Oberverwaltungsgericht 14. September 1887, Entscheidungen
Bd. 15 S. 405). Die in dem vormaligen Herzogthum Nassau, sowie in der Landgraf-
schaft Homburg und den ehemals Großherzoglich Hessischen Gebietstheilen erlassene Vor-
schrift, daß im Falle der Auswanderung nach einem außerdeutschen Staate der Ent-
lassungsantrag öffentlich bekannt zu machen und die Entlassungsurkunde erst nach Ablauf
von sechs bezw. vier Wochen zu ertheilen sei, ist nicht mehr geltendes Recht. Zur Ent-