Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

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C. 
II. Ges. über 2c. Bundes= und Staatsangehörigkeit v. 1. Juni 1870. § 21. 
Durch diese Eintragung, welche natürlich erst nach dem Verlassen des Reichsgebietes 
erfolgen kann, wird die Frist unterbrochen. Ihr Lauf beginnt aber von Neuem mit 
dem auf die Löschung in der Matrikel folgenden Tage. 
Die Regel, daß es eines zehnjährigen Aufenthalts im Auslande bedarf, um die Reichs- 
und Staatsangehörigkeit zu verlieren, in Verbindung mit dem Umstande, daß diese An- 
gehörigkeit nach dem Systeme des Gesetzes durch den Erwerb einer fremden Staatsan- 
gehörigkeit nicht verloren geht, hat zur Folge, daß Deutsche, welche sich im Auslande 
aufhalten, selbst wenn sie dort das Staatsbürgerrecht erworben haben, innerhalb der 
zehnjährigen Frist, wie die Rechte, so auch die Pflichten eines Deutschen behalten und 
zur Erfüllung der letzteren, namentlich in Beziehung auf den Kriegsdienst, gelegentlich 
jeden Aufenthaltes im Reichsgebiete herangezogen, beziehungsweise wegen unterlassener 
Erfüllung bestraft werden können. Damit nicht hieraus gegenüber auswärtigen Staaten 
Unzuträglichkeiten und Weiterungen entspringen, giebt Abs. 3 die Ermächtigung, für 
Deutsche, welche sich in einem ausländischen Staate mindestens fünf Jahre lang un- 
unterbrochen aufhalten und in demselben zugleich die Staatsangehörigkeit erwerben, die 
zehnsährige Frist bis auf eine fünfjährige zu vermindern. Diese Vorschrift setzt voraus, 
daß der mindestens füufjährige ununterbrochene Aufenthalt in einem Staate des Aus- 
landes und die Erwerbung der Staatsangehörigkeit in demselben mit einander im Zu- 
sammenhange stehen. Liegt zwischen dem gedachten Aufenthalt und der Erwerbung der 
ausländischen Staatsangehörigkeit ein längerer Zeitraum, so tritt der Verlust der in- 
ländischen Staatsangehörigkeit nicht ein. 
Ein solcher und zwar schon vor Erlaß dieses Gesetzes geschlossener Staatsvertrag 
ist der Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bunde und den Vereinigten 
Staaten von Amerika, betreffend die Staatsangehörigkeit derjenigen 
Personen, welche aus dem Gebiete des einen Theils in dasjenige des 
andern Theils einwandern, vom 22. Februar 1868 (Bundes-Gesetzbl. d. Nordd. 
Bundes S. 228), der sogenannte Bancroftvertrag. Dieser Vertrag — auch Bayern, 
Württemberg, Baden und, für Südhessen, Hessen haben ähnliche Verträge mit den Ver- 
einigten Staaten abgeschlossen — verordnet in 
Artikel 1 Abs. 1. 
Angehörige des Norddeutschen Bundes, welche naturalisirte Staatsangehörige 
der Vereinigten Staaten von Amerika geworden sind und fünf Jahre lang un- 
unterbrochen in den Vereinigten Staaten zugebracht haben, sollen von dem Kord- 
deutschen Bunde als Amerikanische Angehörige erachtet und als solche behandelt 
werden. 
Da Abs. 3 sich nicht bloß auf die erst nach Erlaß dieses Gesetzes abgeschlossenen, 
sondern auch auf die damals bereits bestehenden Staatsverträge bezieht (Oberverwaltungs- 
gericht 13. Oktober 1886, Entscheidungen Bd. 11 S. 388), so sind der Bancroftvertrag 
und die Verträge der Südstaaten noch jetzt geltendes Recht. 
. Abs. 4 enthält eine besondere Begünstigung derienigen, welche eine andere Staats- 
angehörigkeit während ihres zehnjährigen Aufenthalts im Auslande nicht erworben haben. 
Diesen Heimathslosen kann die Staatsangehörigkeit in dem früheren Heimathsstaate 
wieder verliehen werden, ohne daß, ihre Dispositionsfähigkeit beziehungsweise die Zu- 
stimmung ihres Vertreters natürlich vorausgesetzt, die Erfordernisse des § 8 erfüllt 
sind, insbesondere auch ohne daß sie sich in dem Heimathsstaate niederlassen. Wie aber 
das Wort „kann"“ ergiebt, ist der Heimathsstaat zu dieser Renaturalisation nur berech- 
tigt, nicht aber verpflichtet, und es steht ihm daher frei, die Bewilligung allgemein oder 
für den Einzelfall an gewisse, von ihm selbst zu bemessende Bedingungen zu knüpfen. 
Nach einem Reskript des Ministers des Innern vom 25. Juni 1875 (Verwalt.-Minist.= 
Bl. S. 228) soll bei Prüfung des Renaturalisationsgesuches auch die Thatsache der 
Nichterfüllung der Militärpflicht wesentlich mit berücksichtigt und der Regel nach die in 
der Gewährung des Gesuchs liegende besondere Vergünstigung solchen Personen, welche 
wegen unerlaubter Auswanderung verurtheilt worden * solange versagt werden, 
bis die Vollstreckung des betreffenden Straferkenntaisses oder der Erlaß der Strase im 
Gnadenwege nachgewiesen ist. 
Diese Renaturalisation darf nur von dem früheren Heimathsstaate, nicht auch 
von einem anderen Bundesstaate ertheilt werden. Sobald sie aber ertheilt ist, muß 
dem Renaturalisirten nach § 6 des Gesetzes von jedem anderen Bundesstaate die Staats- 
angehörigkeit verliehen werden, wenn er nachweist, daß er in dem Bundesstaate, in wel- 
chem er die Aufnahme nachsucht, sich niedergelassen habe. Zur Vermeidung dieses Um-
	        
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