398 III. Verordn. über ꝛc. des Versamml.- u. Vereinigungsrechtes v. 11. Märʒ 1850. 88.
vember 1887, Entscheidungen in Strafsachen Bd. 16 S. 383). Es sind unter ihnen
nicht bloß diejenigen zu verstehen, welche den Staat in Bezug auf seine Zwecke und in
Bezug auf die zur Erreichung der letzteren anzuwendenden Mittel betreffen, also nicht
* Gegenstände der Staatsweisheitslehre oder Politik im engeren Sinne, sondern es
gehört Alles dazu, was unter den Begriff der Staatswissenschaft im weiteren Sinne zu
subsumiren ist, also auch Fragen der Nationalökonomie und die Sozialpolitik. Ins-
besondere die sozialen Fragen, wenngleich sie zunächst und an sich in der Art ihrer
Besprechung und Erörterung nicht nothwendig politische zu sein brauchen, nehmen
diesen Charakter sofort an, wenn sie zu dem Staate in praktische Beziehung treten,
namentlich wenn zu ihrer Lösung Mittel und Wege zur Geltung gebracht werden sollen,
welche eine Aenderung der bestehenden Einrichtungen des Staates und hierunter auch
der geltenden Staatsgesetze als Mittel zur Verwirklichung des als nützlich oder noth-
wendig Erkannten befassen (Obertribunal 7. April 1853, Goltdammer Archiv Bd. 1
S. 38,), 26. November 1875 und 2. Februar 1876, Oppenhoff Rechtsprechung Bd. 16
S. 759 und Bd. 17 S. 79; Kammergericht 26. April 1888, Johow Jahrbuch BVd. 8
S. 215; Reichsgericht 18. März 1887, Rechtsprechung in Strafsachen Bd. 9 S. 182 und
25. Januar 1892, Entscheidungen in Strafsachen Bd. 22 S. 337).
Solche politische Gegenstände muß ein Verein in seiner Versammlung zu erörtern
bezwecken, wenn § 8 auf * Anwendung finden soll. Der Begriff des Vereins, der
Versammlung — im Gegensatz zur Sitzung des Vorstandes oder der Organe des Ver-
eins —, der Erörterung ist derselbe, wie zu den §§ 1, 2 dieses Gesetzes. Jede Ver-
einigung Mehrerer, welche unter Leitung eines Geschäftsführers, eines Vorstandes poli-
tische Gegenstände in örtlichen Versammlungen zu erörtern beabsichtigt, ist ein politischer
Verein, untersteht also der Vorschrift des § S. Daß zu diesem Zwecke schon Versamm-
lungen stattgefunden haben und in denselben politische Gegenstände thatsächlich erörtert
worden sind, ist nicht erforderlich (Obertribunal 26. November 1875, Oppenhoff
Rechtsprechung Bd. 16 S. 759). Auch hier wird Alles, was ein Verein als solcher thut,
als von ihm bezweckt angesehen (siehe Anmerk. B. zu §2, oben S. 386). Ein Berein,
welcher absichtlich und bewußt in seinen Versammlungen politische Gegenstände erörtert
hat, unterliegt den Bestimmungen des § 8, weil eine mit Absicht vorgenommene Handlung
eben eine beabsichtigte, eine im Zwecke der Handlung liegende ist. Es ist daher möglich
und rechtlich zulässig, schon aus einem einzigen Vortrage politischen Inhalts thatsächlich
die Ueberzeugung zu gewinnen, daß ein Verein bezweckt hat, auch politische Gegenstände
in seinen Versammlungen zu erörtern. Ein Verein, der im Allgemeinen nicht auf öffent-
liche Angelegenheiten einzuwirken bezweckt, tritt mit dem Augenblicke, wo er in einem
einzelnen Falle eine derartige Einwirkung beschließt und ausübt, in die Kategorie der
politischen Vereine (Obertribunal 19. Februar 1864, Verwaltungs-Minist.-Bl. S. 208 und
15. Dezember 1875, 15. Juni 1877, 20. März 1878, Oppenhoff Rechtsprechung Bd. 16
S. 800, Bd. 18 S. 431, Bd. 19 S. 151; Reichsgericht 18. Februar 1837, Entscheidungen
in Strafsachen Bd. 15 S. 305). Auch Religionsgesellschaften gehören hierher, sobald sie
politische Gegenstände in Versammlungen erörtern (Obertribunal 22. Juni 1853, Oppen-
hoff Rechtsprechung Bd. 14 S. 225). Dagegen fällt ein Verein, welcher zwar eine
Einwirkung auf die Politik, aber nur durch Erörterungen in der Presse bezweckt. unter
die Beschränkungen des § 8 nicht schon dann, wenn er in bloßen Privatzusammenkünften
seiner Vorsteher und sonstigen Organen sein künftiges Vorgehen und damit politische
Gegenstände beräth. Vielmehr treten diese Beschränkungen erst dann ein, wenn er die
Erörterung politischer Gegenstände in seinen Versammlungen — sei es statutenmäßig, sei
es thatsächlich — bezweckt hat (Oberverwaltungsgericht 1. Oktober 1890, Entscheidungen
Bd. 20 S. 432).
B. Auf die politischen Vereine finden die Bestimmungen der 88 1 bis 7 des Gesetzes gleich-
falls Anwendung. Es treten aber noch die folgenden besonderen Beschränkungen des
§ 8 hinzu, denen nur die Wahlvereine nach § 21 Abs. 2 nicht unterliegen:
1. Die politischen Vereine dürfen keine Frauenspersonen, Schüler und Lehrlinge
als Mitglieder aufnehmen. Gegen diese Vorschrift wird verstoßen nicht nur, wenn die
Vorsteher des Vereins bei der Aufnahme positiv mitwirken, sondern auch, wenn sie die
Aufnahme nur gestatten oder dulden.
Personen weiblichen Geschlechts können überhaupt nicht Mitglieder eines politischen
Vereins sein. Die §§ 8 und 16 finden daher auch dann Anwendung, wenn der Verein
nur aus Frauenspersonen besteht (Reichsgericht 18. März 1887, Entscheidungen in Straf-
sachen Bd. 15 S. 305).
Schüler sind diejenigen, welche den Unterricht der Volksschulen, des Gymnasiums