Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

412 III. Verordn. über rc. des Versamml. u. Vereinigungsrechtes v. 11. März 1850. 88 14. 15. 
unterblieben ist. Dieser Strafe tritt eine Gefängnißstrafe von acht 
Tagen bis sechs Wochen hinzu, wenn die Vorsteher wissentlich un- 
richtige Statuten oder Verzeichnisse eingereicht, oder wissentlich un- 
richtige Auskunft ertheilt haben. 
A. Es ist gleichgiltig, ob der örtliche Leiter des Vereins aus eigenem Antriebe oder im 
Auftrage eines Anderen handelt, oder ob er in dem, einen größeren Verein umfassenden, 
Statut Bevollmächtigter des Präsidenten des letzteren oder Vorsteher oder wie sonst ge- 
nannt wird, insofern er nur wirklich den Angelegenheiten des Vereins innerhalb des 
Polizeibezirks vorsteht (Obertribunal 9. Juni 1870, Oppenhoff Rechtsprechung Bd. 11 
S. 346). Hat der Verein mehrere Vorsteher, so wird jeder bestraft, auch wenn ihm 
ein persönliches Verschulden nicht nachgewiesen werden kann. Es ist ihm aber unbe- 
nommen, den Nachweis zu liefern, daß ihn ein Verschulden nicht trifft, und er muß, 
wenn dieser Nachweis gelingt, freigesprochen werden. Die Beweislast darf aber auch 
hier nicht als eine civilprocessualische aufgefaßt werden (Anmerk. B. 3 zu § 10, oben 
S. 408). Von dieser vereinzelten Bestimmung in Satz 1 abgesehen, haftet nach all- 
gemeiner Rechtsregel jeder von mehreren Vorstehern nur für eigenes Verschulden, mag 
auch nachträglich der eine von ihnen die Verantwortlichkeit für das Gesammtthun über- 
nommen haben (Obertribunal 14. Oktober 1874, Oppenhoff Bd. 15 S. 672). 
Unter der „Anzeige“ sind auch die Einreichung der Statuten und deren Aenderungen, 
sowie die Ertheilung der Auskunft zu verstehen. 
C. Siehe Anmerk. B. zu § 12. 
Die in § 13 mit Strafe bedrohte Unterlassung ist ein Dauerdelikt. Die Ver- 
jährung kann daher nicht beginnen, solange die Unterlassung dauert; sie beginnt nicht 
schon mit dem Ablauf der dreitägigen Frist, sondern erst mit der Ertheilung der Aus- 
kunft, mit der Einreichung der Statuten, des Verzeichnisses, der eingetretenen Aenderungen 
(Obertribunal 14. Mai 1879, Oppenhoff Bd. 20 S. 257). 
D. Zuständig für die Uebertretung des § 13 ist das Schöffengericht. 
8 14. 
Wenn in einer Versammlung, der Vorschrift des § 4 entgegen, 
den Abgeordneten der Ortspolizeibehörde der Zutritt oder die Ein- 
räumung eines angemessenen Platzes verweigert worden ist, so trifft 
den Unternehmer und Jeden, welcher in der Versammlung als Vor- 
steher, Ordner oder Leiter aufgetreten ist, Geldbuße von zehn bis 
Einhundert Thalern oder Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu sechs 
Wochen. Dieselbe Strafe hat der Vorsitzende verwirkt, wenn er 
sich weigert, dem Abgeordneten der Polizeibehörde Auskunft über die 
Person der Redner zu geben, oder wenn er wissentlich unrichtige Aus- 
kunft ertheilt. 
Zuständig für die Vergehen des § 14 ist die Strafkammer, jedoch ist Ueberweisung 
an das Schöffengericht zulässig. 
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15. 
Wer sich nicht sofort entfernt, nachdem der Abgeordnete der 
Ortspolizeibehörde die Versammlung für ausgelöst erklärt hat (88 5, 
6, 8), wird mit Geldbuße von fünf bis fünfzig Thalern oder mit Ge- 
fängniß von acht Tagen bis zu drei Monaten bestraft. 
A. See Anm. A. zu § 6, oben S. 395. 
B. Siehe Anm. B. Abs. 3 zu § 12, oben S. 411. 
C. Zuständig für die Uebertretung des § 15 ist das Schöffengericht.
	        
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