Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

III. Verordn. über 2c. des Versamml.= u. Vereinigungsrechtes v. 11. März 1850. 8 19.20.21., 419 
19. 
Wer auffordert, in einer Versammlung mit Waffen zu erscheinen, 
oder die Aufforderung hierzu verbreiten läßt, oder in einer Versamm- 
lung Waffen austheilt, wird mit Gefängniß von sechs Wochen bis 
zu Einem Jahre bestraft. 
Zuständig ist die Strafkammer. — Vgl. Strafgesetzb. § 127, oben S. 374. 
8 20. 
Die in dieser Verordnung mit Strafe bedrohten Handlungen 
sind, unbeschadet der Zuständigkeit der Schwurgerichte in Ansehung 
der in Versammlungen begangenen politischen Vergehen, von der 
Kompetenz der Schwurgerichte ausgeschlossen, selbst wenn sie durch die 
Presse begangen sind. 
Maßgebend sind seit dem 1. Oktober 1879 die Kompetenzbestimmungen des Ge- 
richtsverfassungsgesetzes, dessen Einführungsgesetz keinen Vorbehalt zu Gunsten der landes- 
rechtlichen Kompetenzbestimmungen zum Versammlungs= und Bereinsrecht enthält. 
§ 21. 
Auf die durch das Gesetz oder die gesetzlichen Autoritäten an- 
geordneten Versammlungen und die Versammlungen der Mitglieder 
beider Kammern während der Dauer der Sitzungsperiode finden die 
vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung. 
Wahlvereine unterliegen den Beschränkungen des § 8 nicht. 
A. Unter die Bestimmung des Abs. 1 fallen alle dem öffentlichen Rechte angehörigen Ver- 
bände und ebenso alle diejenigen Vereine, welche, ohne dem öffentlichen Rechte anzugehören, 
jenen ersteren durch das Gesetz oder eine gesetzliche Autorität gleichgestellt sind, vor- 
ausgesetz, daß die Versammlung durch das Gesetz oder eine gesetzliche Autorität an- 
geordnet ist. 
Schulfeste unter freiem Himmel, bei welchen auch eine nicht bestimmte Anzahl 
Erwachsener zur Theilnahme zugelassen wird, sind an und für sich als öffentliche Ver- 
sammlungen im Sinne des § 9 anzusehen Sind sie aber von der vorgesetzten Schul- 
behörde angeordnet, so gehören sie zu denjenigen Versammlungen, auf welche die Be- 
stimmungen des Vereinsgesetzes keine Anwendung finden (Kammergericht 5. Mai 1881, 
Johow Jahrbuch Bd. 2 S. 248). 
Bezüglich des Landtages siehe Anm. B. zu Art.51 der Verfassungsurkunde, oben S. 146. 
Da die Versammlungen des Bundesraths und des Reichstages auf Gesetz beruhen 
und durch gesetzliche Autoritäten berufen werden, finden die §§ 1 bis 20 schon aus 
diesem Grunde auf sie keine Anwendung. 
Landtag, Bundesrath und Reichstag sind übrigens auch durch die 88§ 105, 106 
Strafgesetzb. dem territorialen Versammlungsrecht entrückt. 
B. Die Wahlvereine unterliegen nicht den — oben S. 398 ff. erörterten — Beschränkungen 
des § 8. Diese Exemtion beruht auf der Erwägung, daß anderenfalls die Wirksamkeit 
der Wahlvereine auf einzelne Kreise beschränkt sein, nur örtliche Interessen würden ver- 
folgt werden können und der höhere staatliche Gesichtspunkt, den die Wahlvereine ver- 
folgen sollen, nicht zu erreichen wäre (Stenogr. Berichte der II. Kammer Bd. 5 S. 2777). 
Ein Verein ist aber nur dann ein Wahlverein im Sinne dieses Gesetzes, wenn er lediglich 
in Befiehung auf konkrete anstehende Wahlen eine Wirksamkeit entfaltet. Die Ausnahme 
des Abs. 2 ist daher nicht auszudehnen auf die kontinnirliche Bearbeitung der Vereins- 
mitglieder im Sinne eines bestimmuen Programms zur Verwirklichung desselben durch 
künftige noch unbestimmte Wahlen (Obertribunal 27. Januar 1869 und 15. Dezember 
1875, Oppenhoff Rechtsprechung Bd. 10 S. 56 und Bd. 16 S. 800). 
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