Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

24 Einleitung. § 1. 
Ein Abgeordneter und Ein Stellvertreter gewählt; wenn die Bevölkerung des 
Kreises oder der Stadt 60000 Seelen erreicht, sind zwei Abgeordnete zu 
wählen; für jede fernere Vollzahl von 40000 Seelen tritt Ein Abgeordneter 
hinzu. Die Wahlen der Wahlmänner, sowie der Abgeordneten sind geheime 
(durch Stimmzettel) und erfolgen nach absoluter Stimmenmehrheit der Erschie- 
nenen. Die gewählten Abgeordneten stimmen in der zu berufenden Versamm- 
lung nach ihrer eigenen unabhängigen Ueberzeugung und sind an Aufträge 
und Instruktionen nicht gebunden. Endlich verordnete § 13: 
Die auf Grund des Wahlgesetzes zusammentretende Versammlung ist 
dazu berufen 
a) die künftige Staatsverfassung durch Vereinbarung mit der Krone fest- 
zustellen, und 
b) die seitherigen reichsständischen Befugnisse, namentlich in Bezug auf 
die Bewilligung von Steuern und Staatsanleihen, für die Dauer ihrer 
Versammlung interimistisch auszuüben. 
Ein Wahlreglement wurde von dem Staatsministerium unterm 11. April 
1848 erlassen. 
Durch Königliches Patent vom 13. Mai 1848 wurde die „Versammlung 
zur Vereinbarung der Preußischen Verfassung“ — die sogenannte National- 
versammlung — auf den 22. desselben Mts. nach Berlin einberufen. Der 
— 402 Mitglieder zählenden — Versammlung wurde sofort mit einer König- 
lichen Botschaft vom 20. Mai der „Entwurf eines Verfassungsgesetzes für 
den Preußischen Staat", bestimmt nach den Eingangsworten nur für die 
„zum Deutschen Bunde gehörigen Lande"“, und zwar „zur Erklärung“ vorge- 
legt. Die Volksvertretung angehend, verlangte dieser Entwurf zwei Kammern, 
machte für beide das allgemeine Wahlrecht zur Norm, knüpfte aber für die 
Erste Kammer die Wählbarkeit an ein reines Einkommen von mindestens 
2500 oder einen direkten Steuersatz von mindestens 300 Thalern und über- 
trug dem König die Ernennung eines Viertheils der Mitglieder. Außerdem 
sollten die Königlichen Prinzen, sobald sie das achtzehnte Lebensjahr vollendet, 
ohne Weiteres der Ersten Kammer angehören. Die Nationalversammlung 
beschloß am 15. Juni, einer Kommission von 24 Mitgliedern, unter Zuferti- 
gung des Regierungsentwurfs und Mittheilung aller auf die Verfassung be- 
züglichen Petitionen und Anträge, die Berathung und event. Umarbeitung des 
Regierungsentwurfs oder die Ausarbeitung eines neuen Entwurfs zu über- 
tragen. Diese Kommission hielt in der Zeit vom 17. Juni bis 26. Juli ihre 
Sitzungen ab und überreichte am letztgenannten Tage einen von ihr ausgear- 
beiteten vollständigen „Entwurf der Verfassungsurkunde für den Preußischen 
Staat.“ Dieser Entwurf wurde zunächst in den einzelnen Abtheilungen, dann 
in einer Centralkommission und seit dem 12. Oktober im Plenum berathen. 
Die letzteren Berathungen fanden nur in sieben Plenarsitzungen statt und 
kamen über den Eingang und die vier ersten Artikel nicht hinaus. Dabei 
war im Eingange die Formel „von Gottes Gnaden“ gestrichen worden, und 
hatte der die Aufhebung der Standesrechte aussprechende vierte Artikel die 
Fassung erhalten: „Es giebt im Staate weder Standesunterschiede noch 
Standesvorrechte. Der Adel ist abgeschafft. Der Gebrauch adeliger Titel 
und Prädikate in öffentlichen Urkunden ist untersagt.“ Schließlich wurde von 
Außen versucht in tumultuarischer Weise auf die Abgeordneten einzuwirken,
	        
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