1. Theil. 4. Abschnitt. Strafausschließung und -milderung. 21
seiner Familie überwiesen oder in eine Erziehungs= oder
Besserungsanstalt gebracht werden soll. In der Anstalt ist
er so lange zu behalten, als die der Anstalt vorgesetzte Ver-
waltungsbehörde solches für erforderlich erachtet, jedoch nicht
über das vollendete zwanzigste Lebensjahr.
S. 57.
Wenn ein Angeschuldigter, welcher zu einer Zeit, als er
das zwölfte, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet
hatte, eine strafbare Handlung begangen hat, bei Begehung
derselben die zur Erkenntniß ihrer Strafbarkeit erforderliche
Einsicht besaß, so kommen gegen ihn folgende Bestimmungen
zur Anwendung:
1) ist die Handlung mit dem Tode oder mit lebensläng-
lichem Zuchthaus bedroht, so ist auf Gefängniß von drei
bis t funfzehn Jahren zu erkennen;
2) ist die Handlung mit lebenslänglicher Festungshaft be-
droht, so ist auf Festungshaft von drei bis zu funfzehn
Jahren zu erkennen;
3) ist die Handlung mit Zuchthaus oder mit einer anderen
Strafart bedroht, so ist die Strafe zwischen dem geset
lichen Mindestbetrage der angedrohten Strafart und der
Hälfte des Höchstbetrages der angedrohten Strafe zu
bestimmen.
Ist die so bestimmte Strafe Zuchthaus, so tritt Ge-
fängnißstrafe von gleicher Dauer an ihre. Stelle;
4) ist die Handlung ein Vergehen oder eine Uebertretung,
so kann in besonders leichten Fällen auf Verweis erkannt
werden;
5) auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte überhaupt oder
einzelner bürgerlichen Ehrenrechte, sowie auf Zulässig-
keit von Polizei-Aufsicht ist nicht zu erkennen.
Die Freiheitsstrafe ist in besonderen, zur Verbüßung von
Strafen jugendlicher Personen bestimmten Anstalten oder
Räumen zu vollziehen.
§. 58.
Ein Taubstummer, welcher die zur Erkenntniß der Straf-
barkeit einer von ihm begangenen Handlung erforderliche Ein-
sicht nicht besaß, ist freizusprechen.