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der Prinz von Augustenburg noch einmal einen letzten Ver-
such wage.“ All’ diesen Aeusserungen ist nicht widersprochen
worden. Eine Gegenansicht wurde im Reichstage nicht offen
vertreten. Daraus muss man doch — auch in Anbetracht
der Wichtigkeit des Gegenstandes, die eine energische Ver-
tretung von gegenteiligen Ansichten unbedingt erfordert hätte
— schliessen, dass es die Absicht des Reichstages war,
zwischen Thronfolge- und Verfassungsstreitigkeiten zu scheiden.
Diese Annahme erscheint um so berechtigter, wenn man be-
denkt, dass auch die Reichsverfassung vom 28. März 1849
in ihrem 8 126d und e ausdrücklich zwischen Verfassungs-
streitigkeiten und Thronfolgestreitigkeiten unterschied.
Nun kann die rechtliche Natur einer Thronfolgestreitig-
keit eine durchaus verschiedene sein, je nachdem die Thron-
folgeordnung in den Hausgesetzen oder in der Verfassungs-
urkunde des betreffenden Staates geregelt ist. Beruht sie auf
der Verfassungsurkunde, so kann allerdings dann ein Ver-
fassungsstreit entstehen, wenn z.B. über die Auslegung der
bez. Bestimmungen der Verfassung zwischen Regierung und
Volksvertretung ein Streit entsteht; oder wenn im übrigen die
Voraussetzungen einer Verfassungsstreitigkeit erfüllt sind und
Gegenstand des Streites eine die Thronfolgeordnung berührende
Verfassungsbestimmung ist.!) Doch werden Thronfolgestreitig-
keiten im eigentlichen Sinne des Wortes von der erwähnten
Ausnahme niemals berührt, indem ja ein Haupterfordernis
einer Verfassungsstreitigkeit ist, dass als Parteien einander Regie-
rung und vVolksvertretung gegenübertreten, während eine
Thronfolgestreitigkeit regelmässig sich darstellt als der An-
spruch eines Agnaten auf den Thron oder als ein Streit unter
mehreren Prätendenten um die Erbfolgeberechtigung, so dass
hier also als Partei regelmässig eine Privatperson auftritt, die
weder mit der Volksvertretung, noch mit der Regierung zu
I) Die Frage der wohlerworbenen Rechte des Agnaten am Thron, ist
hier nicht weiter zu erörtern. Vgl. darüber insbesondere: Arndt, Können
Rechte der Agnaten auf die Thronfolge nur durch Staatsgesetz geändert
werden? Schücking, Der Staat und die Agnaten; Meyer, Der Staat und die
wohlerworbenen Rechte; Rehm, Modernes Fürstenrecht.