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Preussen wiederholt einer heftigen Kritik ausgesetzt gewesen.
„Die Vermehrung der Ausgaben, die Verminderung der Ein-
nahmen der preussischen Staatsbahnen, der Einfluss dieser Er-
scheinungen auf die Gestaltung des Staatshaushaltes haben
sich unangenehm fühlbar gemacht. Einzelne Freunde des
Staatsbahnsystemes sind in ihren Anschauungen stutzig ge-
worden; die Gegner der Staatsbahnpolitik haben mit Genug-
thuung ihr® alten Bedenken wieder hervorgesucht und be-
hauptet, sie hätten diese Unzuträglichkeiten stets vorausgesehen
und vorausgesagt — leider seien ihre Bedenken ohne Einfluss
auf die Regierung und die Parteien geblieben, die im Jahre
1879 in Preussen den Uebergang zum Staatsbahnsysteme unter-
stützt haben“!).
Aehnliche Anfeindungen, denen das Staatsbahnprineip in
Oesterreich ausgesetzt war, bildeten den unmittelbaren
Anlass zu einem Wechsel in der obersten Leitung der
Staatsbahnen. Als sodann der gegenwärtige Finanzminister
Dr. v. Bilinski an die Spitze des Staatsbahnwesens gestellt
wurde, sah er sich genöthigt den Satz aufzustellen, dass
der Einfluss volkswirthschaftlicher Interessen nicht so weit
gehen dürfe, dass hiedurch der staatsfinanzielle Beruf der
Staatsbahnen geschädigt werde, und in dem Finanzexposs,
welches der ehemalige Finanzminister Dr. Steinbach am
5. November 1892 im österreichischen Abgeordnetenhause hielt,
apostrophirte derselbe die Abgeordneten in folgender Weise:
„Sie haben alle die Einführung des Staatseisenbahnwesens
mit Beifall begrüsst, und ich darf sagen, dass ich mich dieser
Empfindung jederzeit angeschlossen habe und mich ihr auch
heute noch aus vollem Herzen anschliesse. Wenn ®Bie aber
das Staatseisenbahnwesen aufrecht erhalten wollen, müssen
Sie trachten, dass Ausgaben und Einnahmen überhaupt im
Verhältnisse bleiben. Wenn die Ausgaben fortwährend steigen
ı) Die Erträge der Eisenbahnen und der Staatshaushalt von
Dr. Alfred v. d. Leyen, Schmoller’s Jahrbuch für Gesetzgebung.
Leipzig 1892.
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