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zeichnet wird. Gewiss unterliegt es keinem Zweifel, dass die
Passagiersteuer angesichts der entwickelten Konkurrenz im
Eisenbahnverkehre und der hierdurch bedingten Beschränkung
in der Ueberwälzung vielfach ertragssteuerartig wirkt. Allein
sie ist doch ihrer Entstehung und ihrem Wesen nach als eine
Steuer auf den Verkehr aufzufassen.
Cohn hat die Frage, welches denn der Sinn der englischen
Passagiersteuer sei, in folgender Weise beantwortet: „Die trat
an die Stelle der Steuer vom Fuhrbetrieb, ihr Sinn war also eine
Besteuerung des Gewerbes. Dass dieses Gewerbe, welches schon
zur Zeit der Postkutschen ein Monopol durch die Natur des
Betriebes geworden war, die ihm zugemuthete Steuer auf die
Passagiere wälzte und dann die neuere Form dieser Gewerbe-
steuer als Passagiersteuer gelegentlich benützte, um offen genug
gleich von Parlamentswegen das Recht nachzusuchen, dass
der Betrag der Steuer den Höchstfahrpreisen zugeschlagen
werde, ist nur ein Fall von der Regel, dass die Steuer von
dem Starken auf den Schwachen, so hier von den Eisenbahn-
gesellschaften auf die Reisenden, überwälzt worden ist!).“
Cohn gelangt daher zu dem Schlusse, dass die Bezeich-
nung der Steuer als eine Steuer auf die Beförderung unrichtig
ist; sie ist eine Steuer auf den Gewinn von dem Eisenbahn-
monopol, und zwar eine mässige Steuer. Der beste Beweis
hierfür sei mit jenen Thatsachen zu führen, deren sich einst
Gladstone bediente, als er im Jahre 1844 den Eisenbahn-
männern des Unterhauses und ihrem Wehklagen über den Ruin
des Eisenbahnbesitzes durch die Bill, „die Course der Börse“
entgegenbielt; als ferner im Jahre 1870 Lowe, der damalige
Schatzkanzler den Vorschlag einbrachte, statt der Passagier-
steuer eine Abgabe von 1 Procent auf alle Einnahmen aus dem
Eisenbahnbetriebe einzuführen, da änderten sich die Course
jeder Bahn genau in dem Verhältnisse, wie es nach der Aen-
bindet. Die durch das allgemeine Gesetz den Gesellschaften ein-
geräumte Begünstigung gilt daher meistens nur in der Theorie.
!) Untersuchungen über die englische Eisenbahnpolitik II,
S. 310 ff.