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zu bemerken hat. Nur bei denjenigen, welche mit Extra-Post reisen, kann diese Unter-
suchung unterbleiben.
II. Ist es unvermeldlich nothwendig, daß ein fremder Jude, bei welchem eines der
vorgenannten Requisite fehlt, auf seiner Reise den Weg durch das Königreich zu nehmen
hat: so ist ihm auf dem nächsten Weg bis an die Gränze eine Begleitung mitzugeben.
„(!I!7. Wenn ein fremder Jude nicht nur durchreisen, sondern sich auch in dem König-
reich verweilen will: so kann ihm der Eintritt nur alsdann erlaubt werden, wenn der
Jwek seines Aufenchalrs in keiner Hinstcht gegen die gesezlichen Vorschriften anstößt, und
wenn keine Anzeigen vorhauden sind, daß der angegebene Jwek nur als Vorwand zu un-
erlaubten Nebenabsichten mißbraucht werden dürfte.
IV. Fremde Handelsjuden sind allein auf das Besuchen der Jahrmärkte beschränke,
und haben ihren Paß nicht nur an der Gränze, sondern auch an dem Ort, wo der Jahr-
markt gehalten wird, durch die Behöbrde vistren zu lassen. Das Hausiren aufserhalb der
Jahrmärkte ist ihnen ausdrücklich verboten.
V. Den fremden Bettelsuden ist der Eintritt in das Königreich, sse mögen mit ei-
nem Paß verlehen seyn oder nicht) wie andern Bettlern, gänzlich untersagt.
V.. Sollten fremde Bettelsuden oder andere ohne Heimwesen und ohne ein ordnungs-
mässiges Gewerbe herumziehende Juden sich in das Königreich einschleichen: so sind die-
selbe anzuhalten und in Untersuchung zu ziehen, und wenn sie gleich keines Verbrechens
noch einer Verbindung mit Verbrechern überwiesen werden) so ist doch wegen ihres gegen
die Nolizeigeseze anstossenden Herumlaufens an das Königl. Polizei-Ministerium Beriche
zu erstatten, um wegen ihrer Aufnahme in ein Arbeitshaus die den Umständen angemes-
sene Verfügung treffen zu können. ·
VI. Eben dieses Berfahren hat in Ansehung derjenigen Statt, welche, nachdem sie
wegen eines Defeets in ihrem Paß oder sonst wegen unzureichender Legitimation zum
Aufenthalt im Koͤnigreich auf der Gränze zurükgewiesen oder sonst ausgewiesen worden
find, sich unerlaubter Weise wieder eingeschlichen, oder die ihnen hur Durchreisc ertheilte
Erlaubniß zu ordnungswidrigen Unterschleifen mißbraucht haben, mirhin nach Vorschrife
gder Geseze als Bagauten zu behandeln sind. «
VII-.-BeideninsolchrnsälleneinzustellendenUiiteksuchungenistjedcsmqlauchge-
nauer nachzuforschen, wo und auf welch: Art dergleichen Leute in das Königreich grkom-
men sind, welche Orte sie passirt, und wo see übernachtet haben, damit diesenigen Be-
amten, Vorsteher, Gend armen und Privatpersonen, welche sich hiebei eine Uebertretung
der Gesejze oder Vernachlälsigung haben zu Schulden kommen lassen, mit der Zebühren-
den Strafe belegt werden können.
Die Königl. Landvogteimter haben nun elles Vorstehende nicht nur in den ihnen
untergeordneten Amcsbezirken allgemein zur Kenntniß zu bringen, sondern auch dafür
Sorge zu tragen, daß von Seiten der Königl. Oberämter und anderer Polizeistellen mit
Srnst darüber gehalten werde. Stuttgart) den 15. Jun. 1874.
# Königl. Polizei-Ministerium,,
Bei Verhinderung des Polizei-Ministers, auf allerhöchsten Befehl:
Sctaats," Minister, Minister des Innern, Graf von Reischach.