Full text: Königlich Württembergisches Staats- und Regierungs-Blatt vom Jahr 1814. (9)

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gethan und geschlossen anzusehen sind, sondern auch bey denjenigen, deren Folgen nach je- 
ner Einführung noch fortdauern, in so ferne nähmlich der durch das neu eingeführte Ge, 
sen Verpflichtete, vermöge des früheren Geschäftes, ein früheres Recht erwarb, das ihn 
zu Handlungen oder Ansprüchen nach der Bekanntmachung der Württembergischen Geses- 
gebung veranlaßte, die mit den Normen dieser lehteren nicht übereinstimmen. 
5. a. Rechte der Unterthanen, die unmittelbar und rein aus dem Geseße entsprin- 
gen) 1. B. die geseßzlichen besondern Rechte gewißer Stände, Personen und Sachen, aus 
denen bloß die Möglichkeit eines Privat-Rechts= Erwerbs entstehet, ohne daß noch der 
Unterthan durch eine rechtliche Handlung das Geseßt auf sich angewendet hat, gehören 
nicht unter die wohlerworbenen Rechte. Es kann daher kein Unterthan verlangen, daß 
ein neues Gesetz nicht auf ihn angewendet werde, weil er unter dem alten Gesetz Vor- 
theile genossen hatte, die noch nicht in sein Privat-Recht übergegangen waren) und die 
er nun durch das neue Geses verlieren foll. 
#k. 3. Die Handlungen,) wodurch Jemand solche Privat-Rechte erwerben kann, wel- 
che der Anwendung des neuen Gesetzes im Wege stehen) dürfen keine anderen) als solche 
seyn, die das zur Zeit und an dem Ort der Begehung der Handlung geltende Geses, 
als zu Erwerbung eines Privat-Rechts für tauglich erklärt hat. 
d. 4. Nach dieser Rücksscht können die in Verträgen enthaltenen ausdrücklichen Ver- 
abredungen der Parthien) wenn jene nur nach der zur Zeit der Schliessung vorgeschriebe= 
nen Form eingegangen wurden, und diese keinem damahls geltenden befehlenden oder ver- 
bietenden Geseßze zuwider liefen, durch später bekannt gemachte Gesetze, in welchen der 
Gesetzgeber seinen Willen, daß das neue Gesetz zurückwirken soll, nicht erklärt hat, niche 
mehr unkräftig gemacht werden. 
h. 5. Aber auch in allen zwischen den contrahirenden Theilen nicht ausdrüklich ver- 
abredeten Punkten sind die Verträge nach ihrem Inhalt, und in Ansehung der daraus 
entstehenden rechtlichen Folgen, sowohl in Betreff ihrer Erfüllung als ihrer Aufhebung, 
lediglich nach den zur Zeit des geschlossenen Contrakts bestandenen Geseßen zu beurthei- 
(en; in so fern nicht von absolut befehlenden und verbiethenden) sondern von solchen Ge- 
seszen die Frage ist, deren Sanction nur in Ermanglung einer ausdrücklichen conventio- 
nellen Bestimmung eintrite, welche daher die Parthien in ihren Willen aufnehmen konn-- 
ken, und dadurch, daß sie nichts anders unter ssch verabredeten, auch wirklich stillschwei- 
gend aufgenommen haben. 
d. . Die vermöge privatrechtlicher Titel erworbenen Rechte hindern steis die An, 
wendung neuer, jenen widersprechender Gesete ausser in folchen Fällen, wo die höchste 
Staats= Gewalt sich, der Erhaltung und des Wohls des Ganzen wegen, aus überwies 
genden Gründen veranlaßt sseht, auch wohlerworbene Rechte hintanzusetzen. 
DaaEéber das Dasenn eines solchen seltenen Falles nur vom Gesetgeber, nie vom 
Richter beurtheilt und ausgemittelt werden darf; so sollen die Gerichte nie aus vermeint- 
lichen Gründen des Staats-Wohls nach eigenem Gurdünken) sondern nur alsdann neue 
Gesetze zurückwirken lassen, wenn der Gesezgeber diese Rückwirkung auf wohlerworbene 
Rechte ausdrücklich besiehlt, oder wenigstens diese Absscht aus dem Inhalt und der Fas- 
sung des Gesetzes mit Gewißheit erhellt. «
	        
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