662
8. 1.
Von den Gemeinde-Raͤthen.
Saͤmtliche Stadt- und Gemeinde-Raͤthe sind zu Ausuͤbung der willkuͤhrlichen Ge-
richtsbarkeit in gleichem Maaße berechtigt.
Diese Berechtigung ist allgemein, und umfaßt das ganze Geblet der Rechts-Fürsorge,
seweit solche nicht durch ausdrückliche Vorschrift der Gesetze einer hohern Gerichtsstelle vor-
behalten ist. Insofern jedoch die Gesetze zur Gültngkeit einzelner Rechts- Geschäfte die
Zuständigkeit des Richters erfordern, ist die Gerichtsbarkeit des Gemelnde-Rathes auf die
im Gemeinde-Verbande befindlichen Personen und Sachen beschränkt. «
H.I.
Von den Waisen-Gerichten.
Fär diejenigen Geschäfte der willkührlichen Gerichtsbarkelt, welche ihrer Weltläusigkele
oder anderer Umstände wegen nicht fäglich vor versammeltem Gemeinde-Rathe verhandelt
werden können, namentlich zur Vornahme von Inventuren und Thellungen, zur beständi-
gen Aufslcht über die Pflegschaften, zur Abhoͤr der Vormundschafts-Rechnungen u. dergl.
ist das Waisengericht bestimmt. "
s.z.
Bildung des Waisengerichts.
Das Waisengericht besteht aus dem ersten Orts- Vorsteher und (nach der höhern oder
niedern Classe der Gemeinde) zwei bis fünf weitern Mitgliedern des Gemeinde-Raths.
In Absicht auf die zu jedem einzelnen Geschäfte beizuziehende Anzahl von Waisen=
NRichtern verbleibt es übrigens (auch in den größern Gemeinden) bei der bestehenden geses-
lichen Vorschrift.
. 4.
Wahl der Mitslieder.
Der erste Orts-Vorsteher ist der beständige Worsitzer des Waisengerichts. Die übrl-
g#en Mitglieder werden von drei zu drei Jahren durch den Gemeinde-Ratb aus seiner
Mitte gewählt; die Austretenden können sogleich aufs Neue gewäblt werden. Ordentlicher
Weise geschiebt diese Wabl unter der pershnlichen beitung des Oberamtsrichters bei der
periodischen Visitatlon der Gemeinde-Räthe (Edikt vom 31. Dec. 1318 Nro. IV. J. ê
die in der Zwischenzeit erledigten Stellen werden vom Gemeinde-Rathe provsforisch ersetze.