Full text: Königlich Württembergisches Staats- und Regierungs-Blatt vom Jahr 1819. (14)

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4. 6. 
Berhältniß des Waisengerichts zum Gemeinde-Rathe. 
Das Waeisengericht ist ein Ausschuß des Gemeinde-Rathes. Im Namen und aus 
beständigem Auftrage des letztern hat das Walsengericht für die Fertigung der Beibringens= 
Inventarien und Erbschafts-Thellungen zu sorgen, die Obstgnation der Verlassenschaft vor- 
zunehmen, zum Behufe jener Rechts-Geschäfte die erforderlichen Pfleger und Kriegsobgte 
zu bestellen und mittelst Angelobens zu verpflichten. Die Bestétigung der letztern ist dem 
Gemeinde-Rathe vorbehalten; auch im ichtbestätigungs-Falle bleiben jedech die von ihnen 
kraft der waisengerichtlichen Bestellung vorgenommenen Handlungen unter den allgemeinen 
gesetzlichen Voraussetzungen und bis zur etwaigen Wieder-Einsetzung in den vorigen Stand 
bei Kräften. 
Bei Vermbgens-Werußerungen von Minderjährigen, welche durch eine unter wai- 
sengerlchtlicher Leitung vorgehende Erbschaftstheilung oder im daufe derselben geschehen, 
vertritt die waisengerichtliche Bestätigung die Stelle des gerichtlichen Erkenntnisses; zu son- 
stigen Ver ußerungen von Gütern oder bedeutender Fahrnis der Minderjährigen wird die 
Einwilligung des Gemeinde = Rathes erfordert. Die unter waisengerichtlicher Autorität ge- 
schlossenen Verträge über Realitten sind unter den allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen 
sogleich und schon vor der Vollziehung verbindlich; der Uebergang des Eigenthums hingegen 
wird nicht durch die waisengerichtliche Theilung, sondern nur durch die Uebergabe bewirkt. 
Zur Abnahme eines Offenbarungs = Eides ist weder das Waisengericht, noch der Ge- 
meinde-Rath, sondern nur das Oberamtsgericht ermächtigt. Es hat aber das Waisenge- 
richt jedesmal vor dem Anfange des Geschdits die Interessenten (statt der bisher üblichen 
Handtreue) zu gewissenhafter Angabe des Vermdgens, umer Hinweisung auf künftige eidliche 
Erhärtung desselben, nachdräcklichst zu erinnern. 
8. 6. 
Besonders in Absicht auf die Verantwortlichkeit. 
Für die dem Weisengericht übertragenen Geschäfte der willkührlichen Gerichtsbarkeit, 
für die unter seiner Autoritct vorgehenden Handlungen, für dle Aufsicht über das Pflegschafts- 
wesen und für die Wahl der Vormänder ist zunächst das Waisengericht, der Gemeinde-= 
Rath aber nur in sowelt verantwortlich, als ihn selbst in Absscht auf die Wahl der Wai- 
senrichter, auf die Bestellung der Pfleger, oder aus irgend einem andern Beschlusse des 
Gemeinde-Rathes ein gegründeter Vorwurf trifft. · 
Diejenigen Mitglieder der einen oder der andern Bebbrde, welchen für ihre Person 
weder eine Mitwirkung noch eine Versäumniß zur vast fällt, können die Verantwortlichkeit 
nicht theilen. Von mehreren gleich verantwortlichen Mitglicdern hat (den Fall des bdsen 
Versatzes ausgenommen) jedes zunächst nur für seinen Antheil, und nur bei der Zahlungs- 
Unfséhigkeit des andern auch für dieses zu haften.
	        
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