Der Teplitzer Vertrag. 491
heranträten. „Es ist von der höchsten irdischen Angelegenheit die Rede.
Fünfzehn Millionen gebildeter, sittlicher, durch ihre Anlagen und den
Grad der erreichten Entwicklung achtbarer Menschen, die durch Grenzen,
Sprache, Sitten und einen inneren unzerstörbaren Charakter der Natio—
nalität mit zwei anderen großen Staaten verschwistert sind!“ Hierauf
schildert er in seinem markigen Lapidarstile, wie im alten Reiche, Dank
den Reichsgerichten und den Landständen, Jedermann doch seiner Person
und seines Eigenthums sicher gewesen sei, und knüpft daran eine furcht—
bare Anklage gegen den Rheinbund, der diese fünfzehn Millionen der
Willkür von sechsunddreißig kleinen Despoten preisgegeben habe. „Einer
Neuerungslust, einer tollen Aufgeblasenheit und einer grenzenlosen Ver—
schwendung und thierischen Wollust ist es gelungen jede Art des Glücks
den beklagenswerthen Bewohnern dieser einst blühenden Länder zu zer—
stören.“ Dauere diese Zerstückelung fort, so werde der Deutsche fort—
schreitend schlechter, kriechender, unedler werden, die Entfremdung der
verschiedenen Länder drohe mit jedem Jahre zu wachsen, der Einfluß
Frankreichs sich immer fester einzunisten. Darum muß mit dem Rhein-
bunde auch „die Despotie der sechsunddreißig Häuptlinge“ verschwinden.
Dann kommt er auf seine Petersburger Pläne zurück und verlangt, da die
vollständige Einheit der alten großen Kaiserzeiten unmöglich sei, die Bil-
dung zweier großer Bundesstaaten, also daß Preußen, durch Sachsen,
Mecklenburg und Holstein bis auf elf Millionen Einwohner verstärkt, den
Norden, Oesterreich mit einem deutschen Besitze von zehn Millionen den
Süden beherrsche. In diesem dualistischen Gemeinwesen sollen alle noch
brauchbaren Institutionen des alten Reichs wieder aufleben. Daher Wie-
derherstellung der Mediatisirten von 1806 — die Opfer des Reichsdepu-
tationshauptschlusses gab der Freiherr verloren — und Verkleinerung der
Mittelstaaten, die zum Unheile des Reichs durch Frankreich vergrößert
wurden und dem Vaterlande weit gefährlicher sind als der ohnmächtige
Particularismus der Kleinen. Daher ferner Wiederaufrichtung des Kaiser-
thums für Oesterreich; dieser halbfremde Staat muß durch sein Interesse
an Deutschland gebunden werden, während in Preußen das deutsche
Blut sich von selbst freier und reiner erhält. Heerwesen und auswärtige
Politik gehören dem Reiche, dergestalt daß ein von dem österreichischen ver-
schiedenes deutsches diplomatisches Corps gebildet wird; desgleichen Münze
und Zölle und die Reichsgerichte. Ein Reichstag in Regensburg mit
drei Bänken wie vor Alters, jedoch seine Mitglieder sind nicht Gesandte,
sondern Repräsentanten; die Bank der Reichsstädte wird verstärkt durch
Abgeordnete der Landtage, die in allen deutschen Staaten einzuberufen
sind. Ein solcher Bund, meinte der Reichsritter, könne vielleicht dereinst
den Franzosen das Land zwischen Rhein und Schelde wieder entreißen;
auf die sofortige Befreiung des linken Rheinufers wagte selbst Stein in
jenem Augenblick noch nicht zu hoffen.