Schlacht von La Rothieère. 541
hunderts einst auf der Schule gewesen, sein Examen abzulegen: „die
Franzosen sollen doch sehen, daß wir Deutschen in der Kriegskunst auch
etwas gelernt haben!“ Auf die dringenden Vorstellungen der preußischen
Generale gestattete der Oberfeldherr endlich, daß Blücher am 1. Februar,
verstärkt durch zwei Corps der Großen Armee, von den Höhen von Trannes
hinabstieg und den Imperator in seiner weit ausgedehnten Aufstellung bei
La Rothieère angriff. Schwarzenberg selbst sah mit zwei Dritteln der
vereinigten Armeen der Schlacht unthätig zu. Aber schon jenes eine
Drittel war den 40,000 Mann, welche Napoleon zur Stelle hatte, weit-
aus überlegen. Im Centrum drang Sacken mit seinen Russen bei wildem
Schneegestöber gegen La Rothiere vor und behauptete sich dort wider die
kaiserliche Garde. Dann ward auch der rechte Flügel der Franzosen durch
Wrede und den Kronprinzen von Württemberg geschlagen, und obwohl
der Unglücksmann Gyulay wieder, wie einst bei Leipzig, gegen die Linke
des Feindes wenig ausgerichtet hatte, so war doch am Abend ein voll-
ständiger Sieg erfochten. Ein großer Theil des französischen Heeres floh
in wüster Verwirrung; wurde der Sieg von der Uebermacht der Ver-
bündeten recht benutzt, so konnten die Geschlagenen der Vernichtung nicht
entgehen. Sacken schrieb triumphirend: „An diesem denkwürdigen Tage
hört Napoleon auf ein gefährlicher Feind der menschlichen Gesellschaft zu
sein.“ Zum ersten male hatte der Marschall Vorwärts in offener Feld-
schlacht selbständig dem Imperator gegenüber gestanden, zum ersten male
seit Jahrhunderten war das stolze Frankreich auf seinem eigenen Boden
in einer ernsten Schlacht besiegt. Gewaltig war der Eindruck bei Freund
und Feind. Napoleon selber gab für jetzt das Spiel verloren und bevoll-
mächtigte seinen Unterhändler in Chatillon, Caulaincourt, um jeden Preis
die Hauptstadt zu retten und den Frieden abzuschließen; freilich sah er in einem
solchen Vertrage, wie er seinem Bruder Joseph schrieb, nur eine Capitulation
und nahm sich vor nach zwei Jahren den Krieg von Neuem zu beginnen.
Da bereitete die österreichische Politik dem Imperator nochmals die
Rettung. Statt mit vereinten Kräften die Geschlagenen nachdrücklich zu
verfolgen, theilte Schwarzenberg sein Heer — angeblich, weil er die ge-
waltigen Massen nicht zu verpflegen vermochte, in Wahrheit weil die
Oesterreicher sich der schlesischen Stürmer und Dränger entledigen wollten.
Während die große Armee an der Seine entlang marschirte um den Haupt-
stoß gegen den Feind zu führen, sollte Blücher sich nordostwärts an die
Marne wenden und von da die linke Flanke Napoleon's umgehen. Wohl-
gemuth zog der Alte seines Weges über die kahle baumlose Hochfläche der
Champagne, die im Norden von den rebenreichen weißen Kreidefelsen des
Marnethals, im Süden von den lieblichen Hügeln der Seine begrenzt
wird. Der Wind pfiff schneidend über das offene Land, der Regen
strömte hernieder; mühselig wateten die Truppen durch jene berüchtigten
Schlammwege der Champagne ponilleuse, die bei den älteren Offizieren