Die Universität. Das Museum. 429
Denken der gemeinen Sterblichen zu Felde; sie wollte in Schleiermacher's
religiösem Gefühle nur die Willkür des endlichen Subjekts, in den For—
schungen der historischen Juristen nur die ideenlose Ueberschätzung der
schlechten Wirklichkeit sehen. In den Jahrbüchern für wissenschaftliche
Kritik gründeten sich die Hegelianer eine streitbare Partei-Zeitschrift, zur
selben Zeit, da Hengstenberg die Orthodoxen um das Banner seiner
Kirchenzeitung sammelte; und auch die häßlichen Ränke fehlten nicht, die
sich in Deutschland mit jedem Gelehrtenstreit verschlingen. Dem rede-
fertigsten seiner Schüler, dem Todfeinde Savigny's, E. Gans verschaffte
Hegel durch die Gunst des Ministers einen Lehrstuhl in der juristischen
Facultät; ihm selber aber verweigerten seine Gegner, kleinlich genug, den
gebührenden Platz in der Akademie der Wissenschaften. Zu allen diesen
so weit auseinander strebenden Parteien der protestantischen Wissenschaft
gesellte sich noch eine rührige kleine Congregation, wie die Liberalen sie
nannten: bei der liebenswürdigen Convertitin Henriette Mendelssohn kamen
Jarcke, Philipps und andere strenge Ultramontane zusammen, deren Ein-
fluß am kronprinzlichen Hofe schon zuweilen fühlbar wurde.
Unterdessen fuhr der König fort seine Hauptstadt zu schmücken so
weit die knappen Mittel langten; kein Jahr verging, wo er nicht —
immer ganz in der Stille — ihre Sammlungen vermehrte oder einen
Palast, ein Säulenthor, ein Standbild stiftete. In dieser Zeit wurde
Berlin allmählich eine schöne Stadt, anziehend auch für den Fremden.
Die Bibliothek, die erst unter Humboldt's Verwaltung ein festes Jahres-
einkommen von 3500 Thlr. erhalten hatte, ward endlich reichlicher aus-
gestattet und durch außerordentliche Geschenke des Königs so weit gehoben,
daß sie in die Reihe der großen Büchersammlungen eintrat; mit ihren
älteren Schwestern in München oder Dresden konnte sie sich freilich noch
immer nicht von fern vergleichen. Schinkel erlebte jetzt seine glücklichsten
Tage. Seit ihm der große Wurf des Schauspielhauses gelungen war,
gewann er etwas freiere Hand für seine kühnen Pläne, er erbaute die
prächtige Schloßbrücke, ließ das versumpfte Bett des Flusses umgestalten,
so daß der einzige ästhetische Reiz, den die karge Natur den Berlinern
gewährt hat, der freie Blick über die Wasserflächen zu seinem Rechte kam;
und aus dem Morastboden hinter dem Lustgarten erhob sich die festlich
heitere Säulenhalle des Museums, ebenso wirksam in ihrer einfachen
Schönheit wie die schwere Masse des Schlosses gegenüber.
Die innere Einrichtung des Museums leitete W. Humboldt, den
der König neuerdings vielfach auszeichnete und zuweilen in seinem Tegel
besuchte; als seine Gattin starb, suchte Friedrich Wilhelm den Tiefgebeugten
durch diese würdige Beschäftigung zu trösten. Dankbar folgte Humboldt
dem Rufe; seit jenem letzten Schicksalsschlage war aller Spott und alle
Schärfe von ihm gewichen; verklärt von der milden Weisheit des Alters
lebte er nur noch in der Welt der Ideen, und es that ihm wohl, nachdem