Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Untersuchungen gegen Jahn und Welcker. 437 
zum Jahre 1825 aushalten, da ward er endlich gerichtlich freigesprochen 
und erhielt vom Könige ein Gnadengehalt, aber auch den Befehl, seinen 
Wohnort nicht am Sitze einer Universität oder eines Gymnasiums zu 
wählen. Ein verschollener Mann lebte er fortan in seinem Weinbergs- 
häuschen zu Freiburg an der Unstrut still dahin. Wenn zuweilen noch die 
Burschen von den sächsischen Universitäten auf ihren Ferienreisen bei ihm 
einkehrten, so bemerkten sie mit Befremden, daß der Alte im Bart dem 
Tentonenthum seiner glücklichen Jahre unwandelbar treu geblieben war und 
von dem Wälschheitsteufel des neuen Radicalismus nichts hören wollte. 
Nach Bonn wurde als Untersuchungscommissär ein ebenso unwissender 
als kleinlicher Richter, des Namens Pape gesendet und zu seiner Unter- 
stützung der Referendar Dambach, ein herzloser Aktenmensch, der nachher 
die Leitung der Berliner Hausvogtei erhielt und neben Tzschoppe jahrelang 
Kamptz's gefügigstes Werkzeug blieb. Was wußten diese beiden Leute aus 
den Heften und Notizen C. Th. Welcker's nicht Alles herauszulesen! Trotz 
der unvorsichtigen Heftigkeit des Angeklagten war ihm schließlich gar nichts 
nachzuweisen; das als Criminaluntersuchung begonnene Verfahren wurde 
als polizeiliche Untersuchung in der Stille eingestellt. Welcker erhielt, als 
er einem Rufe nach Freiburg folgte, seine Entlassung aus dem königlichen 
Dienst in schmeichelhaften Worten, doch da ihm gerichtliche Freisprechung 
versagt blieb, so überschüttete er durch eine fast dreißig Bogen lange 
„Oeffentliche aktenmäßige Widerlegung“ die preußische Willkür mit einem 
Sturzbade sittlicher Entrüstung. 
Ganz anders wußte Arndt die Herzen der Leser zu erschüttern durch 
die schlichte treuherzige Sprache seiner kurzen Vertheidigungsschrift: „Ein 
abgenöthigtes Wort aus seiner Sache.“ Wohin war es doch mit der 
preußischen Gerechtigkeit gekommen, wenn dieser Treueste der Treuen sich 
jetzt genöthigt sah, seine Briefschaften im Keller und unter den Dielen 
seiner Zimmer zu vergraben! Schon bevor die Demagogenverfolgung be- 
gann, hatte er mit dem unbegreiflichen Mißtrauen der Behörden zu kämpfen 
gehabt und dem Curatorium auseinandersetzen müssen, der Titel seiner 
öffentlichen Vorlesung „über Leben und Studium“ sei wirklich ganz harm- 
los gemeint.) Und dann die aberwitzigen Verhöre vor Pape und Dam- 
bach! Alle die wunderlichen Wortbildungen und Wortverschränkungen, mit 
denen Arndt sorglos zu spielen liebte, wurden ihm jetzt als verdächtig vor- 
gehalten. Was bedeuteten die „papierlichen Künste und Pläne“, die er 
nach einem seiner Briefe noch vorhatte? Was besagte der räthselhafte 
Satz: „Das liegt über meiner Sphäre —"2 War das Lied „O Durch- 
brecher aller Bande“ ein demagogisches Gedicht oder stand es wirklich im 
alten Berliner Gesangbuch? Mit besonderem Argwohn ward ein Blatt 
durchspürt, das neben anderen abgerissenen Sätzen auch die Worte enthielt: 
  
*) Arndt, Eingabe an das Curatorium in Bonn, 22. März 1819.
	        
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