Klenze. Schwanthaler. Cornelius. 617
durch Thorwaldsen entwerfen. Doch fand sich endlich in Ludwig Schwan—
thaler ein einheimischer Künstler, wie ihn der ungeduldige Mäcenas eben
brauchte, ein Talent von wunderbarer Leichtigkeit der Erfindung, immer
anmuthig, immer der plastischen Wirkung sicher, wenig geneigt das rasch
Entworfene im Einzelnen liebevoll auszugestalten. Bildwerke, die durch
sich selber wirken sollten, gelangen ihm selten ganz, aber Niemand ver—
stand wie er, die Giebelfelder der Kunsttempel, die Prunksäle der Schlösser
durch Reliefs und Statuen glänzend und sinnig zu zieren. Nun hob sich
auch die Kunst der Erzgießerei. Mochte der erste Guß des Max-Joseph—
Denkmals mißlingen, der König ruhte nicht, bis sein neues, von Stiglmayr
geleitetes Gießhaus den besten in Europa gleichkam.
Die Krone der Münchener Kunst blieb doch die Malerei. Kaum
waren die Fresken in der Glyptothek vollendet, so begann Cornelius sofort
einen neuen großen Gemälde-Cyclus, die Geschichte der Malerei in den
Loggien der Pinakothek. Dem heroischen Schwunge dieses epischen Genius
konnten sich auch solche Künstler nicht entziehen, die wie Schnorr, der
Maler der gewaltigen Nibelungen-Bilder, ihres eigenen Weges gingen.
Selbst die Landschaftsmalerei erhob sich zum Gedankenreichthum des
historischen Stiles. Die italienischen Landschaften, mit denen der Pfälzer
Rottmann die Arkaden neben dem Schlosse schmückte, erregten nicht eine
unbestimmte lyrische Stimmung, sie erzählten von der Menschengröße, die
über diese Fluren hingeschritten war — und mit solcher Beredsamkeit, daß
der Beschauer sogar die entsetzlichen königlichen Distichen darunter ver—
schmerzte. Die Münchener brauchten eine gute Weile, bis sie sich an die
emsige Künstlergemeinde gewöhnten. Sie schalten über die tolle Ver—
schwendung; sie spotteten über des Königs philhellenischen Rathgeber,
Thiersch, der ihnen zur Bibliothek nun auch noch die Glyptothek und die
Pinakothek geschenkt hatte, und freuten sich von Herzen, als eines Tages
an Thiersch's Thür die Inschrift: Nepiotheke, Thorenbehältniß zu lesen
stand. Nach und nach begannen sie doch zu bemerken, daß ihre Residenz
erst durch dies wunderliche Künstlertreiben zur Großstadt heranwuchs, und
schließlich — sehr spät freilich, da das Umhertasten zwischen verschiedenen
Baustilen der Ausbildung eines sicheren Geschmackes nicht günstig war —
kam auch die Zeit, da die Kunst auf das Handwerk zurückwirkte und die
Münchener Kunstgewerbe kräftig aufblühten.
In diesem künstlerischen Wirken bethätigte sich die eigenste Kraft
König Ludwig's. „Jetzt kann ich meine Ketten ablegen und leben“ — so
sagte er selber, wenn er fast alljährlich einmal die Sorgen der Regierung
über Bord warf und sich nach Rom flüchtete. Dort war ihm wohl, in
seiner Villa di Malta auf dem Monte Pincio, der Kuppel von St. Peter
grade gegenüber. Dort konnte er andächtig den Spuren Goelhe's nach—
gehen, dessen Lieblingsstätte, den stillen Brunnen der Acqua acetosa,
er schon vor Jahren mit Bäumen und Bänken geschmückt hatte; dort