Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Klenze. Schwanthaler. Cornelius. 617 
durch Thorwaldsen entwerfen. Doch fand sich endlich in Ludwig Schwan— 
thaler ein einheimischer Künstler, wie ihn der ungeduldige Mäcenas eben 
brauchte, ein Talent von wunderbarer Leichtigkeit der Erfindung, immer 
anmuthig, immer der plastischen Wirkung sicher, wenig geneigt das rasch 
Entworfene im Einzelnen liebevoll auszugestalten. Bildwerke, die durch 
sich selber wirken sollten, gelangen ihm selten ganz, aber Niemand ver— 
stand wie er, die Giebelfelder der Kunsttempel, die Prunksäle der Schlösser 
durch Reliefs und Statuen glänzend und sinnig zu zieren. Nun hob sich 
auch die Kunst der Erzgießerei. Mochte der erste Guß des Max-Joseph— 
Denkmals mißlingen, der König ruhte nicht, bis sein neues, von Stiglmayr 
geleitetes Gießhaus den besten in Europa gleichkam. 
Die Krone der Münchener Kunst blieb doch die Malerei. Kaum 
waren die Fresken in der Glyptothek vollendet, so begann Cornelius sofort 
einen neuen großen Gemälde-Cyclus, die Geschichte der Malerei in den 
Loggien der Pinakothek. Dem heroischen Schwunge dieses epischen Genius 
konnten sich auch solche Künstler nicht entziehen, die wie Schnorr, der 
Maler der gewaltigen Nibelungen-Bilder, ihres eigenen Weges gingen. 
Selbst die Landschaftsmalerei erhob sich zum Gedankenreichthum des 
historischen Stiles. Die italienischen Landschaften, mit denen der Pfälzer 
Rottmann die Arkaden neben dem Schlosse schmückte, erregten nicht eine 
unbestimmte lyrische Stimmung, sie erzählten von der Menschengröße, die 
über diese Fluren hingeschritten war — und mit solcher Beredsamkeit, daß 
der Beschauer sogar die entsetzlichen königlichen Distichen darunter ver— 
schmerzte. Die Münchener brauchten eine gute Weile, bis sie sich an die 
emsige Künstlergemeinde gewöhnten. Sie schalten über die tolle Ver— 
schwendung; sie spotteten über des Königs philhellenischen Rathgeber, 
Thiersch, der ihnen zur Bibliothek nun auch noch die Glyptothek und die 
Pinakothek geschenkt hatte, und freuten sich von Herzen, als eines Tages 
an Thiersch's Thür die Inschrift: Nepiotheke, Thorenbehältniß zu lesen 
stand. Nach und nach begannen sie doch zu bemerken, daß ihre Residenz 
erst durch dies wunderliche Künstlertreiben zur Großstadt heranwuchs, und 
schließlich — sehr spät freilich, da das Umhertasten zwischen verschiedenen 
Baustilen der Ausbildung eines sicheren Geschmackes nicht günstig war — 
kam auch die Zeit, da die Kunst auf das Handwerk zurückwirkte und die 
Münchener Kunstgewerbe kräftig aufblühten. 
In diesem künstlerischen Wirken bethätigte sich die eigenste Kraft 
König Ludwig's. „Jetzt kann ich meine Ketten ablegen und leben“ — so 
sagte er selber, wenn er fast alljährlich einmal die Sorgen der Regierung 
über Bord warf und sich nach Rom flüchtete. Dort war ihm wohl, in 
seiner Villa di Malta auf dem Monte Pincio, der Kuppel von St. Peter 
grade gegenüber. Dort konnte er andächtig den Spuren Goelhe's nach— 
gehen, dessen Lieblingsstätte, den stillen Brunnen der Acqua acetosa, 
er schon vor Jahren mit Bäumen und Bänken geschmückt hatte; dort
	        
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