Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

622 III. 8. Der Zollkrieg und die ersten Zollvereine. 
am Fenster des Gasthofes, mit zärtlichen Blicken nach Mannheim hin— 
überwinkend.“) Auch die königliche Muse plauderte oftmals in stolpern— 
den Versen die stille Sehnsucht der Wittelsbacher aus; als die Hoff— 
nungen zu schwinden begannen, hauchte sie die schmelzende Klage: 
Der Pfalzgraf bei Rhein, 
Er wandert allein 
In den heimathlichen Land. 
Wie lieb er dasselbe auch hat, 
So geht er doch schweigend den Pfad 
Und nicht will er werden erkannt! 
Die Erwerbung der Pfalz wurde dem Könige zu einer fixen Idee, 
die ihn sein tagelang nicht mehr losließ. Die unerbetenen Wohlthaten, 
die er als Greis noch den pfälzischen Städten spendete, das Dalbergstand— 
bild in Mannheim, das traurige Wrededenkmal in Heidelberg bezeichneten 
das letzte elegische Austönen der in den zwanziger Jahren angeschlagenen 
Sirenenklänge. Daß die Pfälzer selber seine Gefühle theilten, schien dem 
Könige zweifellos, obwohl sich in Wahrheit nur noch zu Mannheim ver— 
einzelte Spuren pfalz-bairischer Gesinnung zeigten. 
Der König von Preußen hatte das Erbfolgerecht der Hochberge feier— 
lich anerkannt; er war nicht gewohnt, in Rechtsfragen mit sich handeln 
zu lassen. Die bairischen Ansprüche galten ihm als frivoler Uebermuth; 
nimmermehr wollte er ein deutsches Fürstenhaus vergewaltigen, Baden 
und Württemberg vom deutschen Norden abschneiden lassen. Ebenso gut, 
sagte General Witzleben zu dem badischen Gesandten Frankenberg, könnte 
Preußen die ansbach-baireuthischen Lande zurückfordern. Der Kronprinz rief 
in seiner aufbrausenden Weise: „mein Herr Schwager ist toll geworden, 
rein toll; er will durchaus Palatin werden und bedient sich dazu sauberer 
Mittel und Wege, die ganz unerhört sind!““)) Der Wiener Hof war über 
die Münchener Ansprüche ebenfalls sehr ungehalten und befürwortete am 
Bundestage den offenbar gegen Baiern gerichteten Vorschlag, Mannheim 
zur Bundesfestung zu machen; aber er fühlte sich gebunden durch seine 
eigenen uneingelösten Versprechungen und gab beiden Theilen glatte Worte. 
An den Höfen der Großmächte begannen die bairischen Beschwerden, 
unablässig und in dem zuversichtlichen Tone gekränkten Rechtsgefühls vorge- 
tragen, schließlich doch einigen Eindruck zu hinterlassen. Rußland hielt sich 
zurück, obgleich sein Gesandter Anstett in Frankfurt, Badens alter Gönner, 
sich unter der Hand rührig für seinen Schützling bemühte.““) Nur Preußen 
stand fest auf Badens Seite. Der König ermahnte den Großberzog, 
durchaus keine Zugeständnisse an Baiern zu machen. Berstett dankte in 
  
*) Berstett, Ministerialschreiben an Frankenberg, 13. Juni 1826. 
**) Frankenberg's Bericht, 15. Mai 1828. 
**“*) Blittersdorff's Berichte, 13. Aug., 7. Nov., 12. Dec. 1826.
	        
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