628 III. 8. Der Zollkrieg und die ersten Zollvereine.
Baden bewilligte nur 8 Fl. als höchsten Satz für Fabrikate. Vergeblich
beschwor Miller von Immenstadt den Karlsruher Hof um Nachgiebigkeit;
das Prohibitivsystem herrsche in der weiten Welt, auch Huskisson könne
mit seinen freihändlerischen Träumen nicht durchdringen. Berstett blieb
fest: „Baiern“, schrieb er an Marschall, „verlangt, daß wir ohne Ersatz alle
Vortheile unserer geographischen Lage mit ihm theilen. Der König von
Württemberg stimmte den bairischen Ansprüchen zu, um sich die Gewogen—
heit einer gewissen Partei zu erhalten.““) Im August 1825 erklärte
Baden seinen Austritt und verkündigte zugleich ein neues Zollgesetz, dessen
niedrige Sätze allgemeine Freude im Lande erregten. Nassau trat eben-
falls zurück.
Auch diesmal spielten politische Bedenken mit; eine Reise des Königs
von Württemberg nach Paris erweckte die Besorgniß, ob der Bund der
Mindermächtigen vielleicht mit französischer Hilfe ins Leben treten solle.
Nebenius versicherte späterhin, ihm habe in Stuttgart immer der Gedanke
an Deutschlands künftige Handelseinheit vorgeschwebt; hohe Schutzzölle im
Süden hätten die spätere Vereinigung mit dem Norden erschweren müssen.
Und sicherlich, wenn unter dem Schutze der bairischen Zölle eine jugend-
liche Industrie in Ober-Deutschland emporwuchs, so blieb dem früher ent-
wickelten preußischen Gewerbfleiß wenig Hoffnung, den süddeutschen Markt
für sich zu erobern; der preußische Staat verlor mithin den einzigen Vor-
theil, den ihm ein allgemeiner Zollverein, zur Entschädigung für schwere
finanzielle Opfer, versprach. Gleichwohl ist unverkennbar, daß auch der
geistreiche badische Staatswirth sich nicht frei hielt von jener allgemeinen
schwarzsichtigen Verstimmung, welche die trübseligen Stuttgarter Confe-
renzen beherrschte. Von hohen Schutzzöllen war ja gar nicht die Rede.
Die von Baiern vorgeschlagenen Zölle für Fabrikate standen erheblich
unter den Sätzen des preußischen Tarifs; die Gefahr, welche Nebenius
fürchtete, lag zum mindesten noch in der Ferne. Im nächsten Winter
hat Baiern noch einmal versucht, den Verein ohne Baden und Nassau in
Gang zu bringen. Freiherr v. Zu Rhein verhandelte in Stuttgart und
Darmstadt. Aber die Darmstädter Regierung erwiderte, sie könne ohne
Kurhessen nicht beitreten.)) Da der Casseler Hof sich weigerte, so war
auch dieser letzte Versuch gescheitert.
So hoffnungslos war die Lage, als König Ludwig den Thron bestieg.
Groll und Erbitterung überall. Selbst der bescheidene Handelsvertrag
zwischen Baden und Darmstadt war schon nach Jahresfrist wieder er-
loschen, weil die Behörden mit den Ursprungszeugnissen freundnachbar-
lichen Mißbrauch trieben. Nach dem bairischen Thronwechsel schöpfte König
Wilhelm von Württemberg wieder frischen Muth. Er richtete im December
*) Berstett an Marschall, 11. Mai 1825.
"“") Maltzan's Bericht, 11. Jan. 1826.