Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

754 Schmalz und sein Rother Adlerorden. Die Burschenschaft und die Unbedingten. 
Ihnen, daß Sie, bekannt mit den dem Wohl der Unterthanen nachtheiligen Einflüssen, 
ihnen den Eingang bei einem Volke wehren werden, dessen Charakter sich bisher von 
der Annahme fremdartiger Grundsätze so rein erhalten und eben dadurch dasselbe in dem 
Kampfe gegen fremden Druck so sehr erhoben hat.“ Diese Cabinetsordre blieb vor— 
läufig ohne Folge, da die erforderlichen Maßregeln, wie eine Randbemerkung Harden— 
berg's sagt, „in jedem Falle besonders ergriffen werden sollten“. Aber sie beweist, daß 
der König sich in einer mißtrauischen Stimmung befand, welche durch den Anblick 
der Pariser Parteikämpfe ersichtlich verschärft wurde. 
Andererseits zeigt ein vertrauliches Schreiben des Königs aus derselben Zeit, wie 
dankbar er die patriotische Haltung seines treuen Volkes anerkannte. Als die beiden 
Freunde sich getrennt hatten, sendete zunächst Kaiser Alexander (15/27. Jan. 1816) einen 
von Betheuerungen „heiliger Freundschaft“ überströmenden Brief: die Aufgabe sei jetzt, 
die Frucht unserer Arbeiten, den Frieden zu erhalten. Darum dankte er dem König 
warm für die gegen die geheimen Gesellschaften ergriffenen energischen Maßregeln. (Diese 
Maßregeln bestanden aber nur in der Wiedereinschärfung eines Verbotes, das, wie in 
allen gesitteten Staaten, so auch in Preußen längst galt.) Friedrich Wilhelm schickte im 
März ein Antwortschreiben, das sich über die Schmalz'sche Sache folgendermaßen äußert: 
I ne faut aujourdhui due calmer T’effervescence des esprits, suite naturelle 
des agitations politiques. Je me félicite de l’approbation due V. M. veut bien 
accorder aux mesures due J’ai cru devoir prendre dans cette occasion. Mon 
uniqdue ambition est comme la Votre, Sire, d'assurer le bonheur de mes peuples. 
C'’est une dette sacrée due notre coeur se plaira d'acquitter apres tant de preu- 
Ves de leur amour et de leur dévouement. Vous voyez, Sire, qdue le désir de 
m’épancher avec V. M. est devenun un besoin pour moi. 
Ist es wahrscheinlich, daß ein Fürst, der im tiefsten Vertrauen also über sein Volk 
sprach, den Verunglimpfer des Befreiungskrieges für seine Verleumdungen hätte belohnen 
wollen? Denkbar bleibt es, daß die umlaufenden Gerüchte begründet waren und der 
König sich erst nachträglich wieder beruhigt hat; aber ebenso möglich ist auch, daß die 
Auszeichnung nur zufällig mit der Denunciation zusammentraf. 
Nach alledem glaube ich über das Verfahren des Königs genau das gesagt zu 
haben, was ein gewissenhafter Historiker sagen durfte. 
  
VII. Die Burschenschaft und die Unbedingten. 
Zu Bd. II S. 411. 
Die Darstellung des Treibens der Unbedingten bietet, wie begreiflich, große 
Schwierigkeiten, da sich aus parteiisch geleiteten Untersuchungen und grundsätzlich un- 
wahren Aussagen nicht leicht ein wahres Bild gewinnen läßt. Ich halte es aber für 
eine Pflicht der historischen Gewissenhaftigkeit, den politischen Meuchelmord nicht zu be- 
schönigen. Wer das Wesen des Fanatismus kennt, darf sein Urtheil nicht bestechen 
lassen durch die achtungswerthen Eigenschaften, welche manchen der jungen Schwärm- 
geister auszeichneten. Der Fanatiker kann in allem Uebrigen ein unschuldiges Kind sein; 
nur für den einen Gedanken, der ihn wie eine fixe Idee beherrscht, tritt er gleichmüthig 
jedes sittliche Gebot mit Füßen. So war Sand, unter den Freunden ehrlich, harmlos, 
gutmüthig, den Tyrannenknechten gegenüber ein gewissenloser Lügner und Mörder. So 
war auch Karl Follen, nur unvergleichlich begabter und darum gefährlicher. 
Mein Urtheil über die Unbedingten habe ich nicht, wie Baumgarten andeutet, allein 
aus Leo und Münch geschöpft. Beiläufig, Leo's Jugendgeschichte ist keineswegs so ten- 
denziös, wie Baumgarten behauptet, sondern die lebendigste und geistreichste Schilderung
	        
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