358 IV. 6. Der Deutsche Zollverein.
Nachfolger sogleich von allen Mächten anerkannt wurde, da wagte man
in München gar nicht mehr wie früher zu behaupten, daß mit der Thron-
besteigung der Hochbergischen Linie das Haus der Zähringer ausgestorben sei.
Der Wittelsbacher trug seine vorgeblichen Ansprüche auf den „Heimfall“
der badischen Pfalz stillschweigend zu Grabe. Um so mehr lag ihm daran,
jetzt mindestens den Sponheimer Streit auf gute Art zu Ende zu führen
und durch eine Gebietserwerbung der Welt zu beweisen, daß Bayern
doch nicht ganz im Unrechte gewesen sei.)
Gegen Ende Mai 1830 erschien Armansperg in tiefem Geheimnis zu
Berlin und bat um Preußens gute Dienste. König Friedrich Wilhelm
übernahm die Vermittlung, im Verein mit dem Könige von Württemberg,
und ließ den badischen Minister Böckh nach Berlin einladen. Er hoffte
nicht nur den leidigen Gebietsstreit beizulegen, sondern auch Baden zum
Eintritt in den bayrisch-württembergischen Zollverein zu bewegen. Am
10. Juli brachte Bernstorffs versöhnliches Zureden endlich eine Überein-
kunft zustande, kraft deren Baden dem süddeutschen Vereine beizutreten
versprach; dafür wollten beide Teile auf ihre Sponheimer Erbansprüche
verzichten und den alten Beinheimer Entscheid für erloschen erklären. Um
Bayern gänzlich zufrieden zu stellen, wurde noch ein geringfügiger Gebiets-
austausch irgendwo an der badischen Ostgrenze vorbehalten. Damit schien
der jämmerliche Handel aus der Welt geschafft. Metternich sprach bereits
allen Teilnehmern seinen Glückwunsch aus, und König Ludwig dankte
dem preußischen Minister aufs wärmste. Ohne Verständigung mit Baden
—so schrieb er — „kann ein näheres Anschließen an Preußen nicht statt-
finden. Daß aber ein solches Anschließen geschehe, finde ich von großer
Wichtigkeit für das Beste unseres deutschen Gesamtvaterlandes; hiervon
bin ich durchdrungen, sowie daß mein Haus dem preußischen zu verdanken
hat noch in Bayerns Besitz zu sein. Es ist eine Freude, mit einem solchen
Manne von Ehre zu tun zu haben.“**)
Sobald man jedoch über die Ausführung der üÜbereinkunft ver-
handelte, verlangte Bayern einen Zuwachs von etwa 20000 Einwohnern
und setzte erst nach langem Feilschen seine Forderung ein wenig herab;
das schöne Wertheim vornehmlich, das Heidelberg der Mainlande, erschien
dem romantischen Wittelsbacher unwiderstehlich verlockend. Der Karls-
ruher Hof wies jede größere Gebietsabtretung entschieden zurück und ver-
schanzte sich hinter der gesinnungstüchtigen Entrüstung seines Volkes. Die
Stadt Wertheim selbst hatte freilich gegen die Abtretung wenig einzu-
wenden, weil die Beamten den Main-Tauberkreis als das badische Sibirien
behandelten; auch der Fürst Georg von Löwenstein, der dort Hof hielt,
wollte sich als treuer deutscher Patriot den Herrschaftswechsel wohl ge-
*) S. v. III. 620 f.
**) König Ludwig an Beenstorff, 22. Juli 1830.