Die Kniebeugung in Bayern. 723
Reise, welche der alte König erst streng verboten hatte und auch jetzt noch
sehr ungern sah.“)
Mittlerweile bekam auch das bayrische Volk zu fühlen, was klerikale
Parteiherrschaft ist. Wie maßlos hatten die bayrischen Ultramontanen auf
die preußischen Kirchenparaden gescholten; auf Befehl König Friedrich
Wilhelms war dieser Mißbrauch nunmehr abgeschafft. Zur Erwiderung
gleichsam befahl König Ludwig durch eine Verordnung vom 14. Aug. 1838
den bayrischen Truppen, daß sie auf der Wache und beim Gottesdienste
vor dem Sanktissimum niederknieen sollten. Die Armee bestand zu einem
vollen Drittel aus evangelischen Mannschaften, und ihnen ward eine kirch-
liche Zeremonie zugemutet, welche jeder strenge Protestant als sündhaften
Baalsdienst verabscheuen mußte! Hier verriet sich der wahre Geist der
Partei, welche der preußischen Krone gegenüber die Gewissensfreiheit zu
verteidigen behauptete. Allgemein war die Erbitterung in den evan-
gelischen Landesteilen; ängstliche Gemüter fürchteten schon, aus dem Streite
zwischen Staat und Kirche werde ein Krieg der Konfessionen hervorgehen.
Ein neuer Erfolg gelang den Ultramontanen in Baden. Im Herbst
1836 wurde Nebenius aus dem Ministerium verdrängt. Blittersdorff war
nunmehr Herr der Lage, und sein hartreaktionäres System konnte sich nur
durch die Beihilfe der klerikalen Partei behaupten. Bei Nebenius' Sturze
hatte der österreichische Gesandte Graf Dietrichstein mitgewirkt; ) überall
arbeiteten die Diplomaten der Hofburg mit den Feinden Preußens be-
hutsam zusammen. Seit Bunsens Anconer Note glaubte Metternich nicht
mehr recht an den Ernst der preußischen Kirchenpolitik. In einem Augen-
blicke ehrlichen Zornes fragte er Maltzan: „Wollen Sie, daß ich die Rolle
des Beschützers der katholischen Kirche an Frankreich oder an Bayern über-
lasse? Das eine ist unser Nebenbuhler in Europa, das andere der an-
sehnlichste katholische Staat in Deutschland.“**) Die beiden bayrischen
Schwestern in Wien freuten sich von Herzen der Haltung ihres königlichen
Bruders; der Briefwechsel der Geschwister war nie lebhafter gewesen.
Ihrem Einfluß war es vermutlich zu verdanken, daß die bisher streng
verbotene Neue Würzburger Zeitung, sobald sie den Kampf gegen Preußen
begann, plötzlich in Osterreich zugelassen wurde. Metternich erteilte dem
Vatikan beständig vertraute Ratschläge, und Lambruschini sagte dankbar
zu Graf Lützow: wir überlassen uns gänzlich der weisen Leitung des kaiser-
lichen Hofes. Ganz friedfertig mochten diese Ratschläge schwerlich lauten,
aber auch nicht offenbar feindselig. Als Metternich im Juli 1838 mit dem
Könige wieder in Teplitz zusammentraf, erging er sich nur in vorsichtigen all-
gemeinen Betrachtungen; die Wiedereinsetzung Drostes wagte er der Krone
*) S. o. IV. 536.
*) Otterstedts Bericht, 15. Okt. 1839.
* ) Maltzans Bericht, 5. Jan. 1838.
467