Wrede und Wallerstein gegen Abel. 323
vor Zeiten den Schottenmönchen des heiligen Kolumban angeschlossen und
gleich diesen auf deutschem Boden immer deutsche Gesinnung gezeigt; ihre
jetzt aus Österreich neu berufenen Brüder bemühten sich redlich, ihre
dürftige klassische Bildung zu vervollständigen und erteilten auf den
Gymnasien, die man ihnen anvertraute, leidlichen Unterricht. Bedenk-
licher erschienen die Mönche von dem rätselhaften „dritten Orden“ des
heiligen Franz und vornehmlich die der Gesellschaft Jesu affiliierten Re-
demptoristen, die ungestört ihre Missionen halten durften, obgleich der
König den Jesuiten selbst, trotz der wiederholten Bitten der Klerikalen,
die Zulassung hartnäckig verweigerte.
Fürst Wrede, des Feldmarschalls Sohn, ein stark verschuldeter, übel-
beleumdeter Herr stellte nun diese und viele andere Beschwerden gegen die
Regierung in einer förmlichen Anklageschrift zusammen, die er den Reichs-
räten übergab; dem König aber schrieb er: Abel sei nahe daran, ihn um
die Liebe eines großen Teiles seines Volks zu bringen. Da glaubte Fürst
Wallerstein, jetzt könne er sich wieder in den Sattel schwingen. In einer
schlau berechneten hochpathetischen Rede nannte er sich selbst den Ultra-
montansten der Ultramontanen, den ergebensten aller Untertanen und
stellte dann einen vorgeblichen Vermittelungsantrag, der doch auf Abels
Sturz abzielte; er beantragte, die Regierung möge keinen geistlichen Orden
zulassen, der den religiösen Frieden stören könne. In einem Briefe an den
Vertrauten des Königs Frhrn. v. d. Tann warnte er zugleich die Krone
vor der „nahen europäischen Krisis“; es gehe nicht mehr an, jeden
Andersdenkenden als Feind anzusehen.) Wallersteins Antrag wurde
von den Reichsräten mit allen gegen sechs Stimmen angenommen; der
Kronprinz selbst sprach und stimmte dafür.
In solcher Not griff Abel zu demagogischen Mitteln. Er ließ durch
seine Beamten das katholische Volk aufwiegeln, und bald liefen aus allen
Winkeln des Landes Adressen ein, die der gerechten Regierung Dank und
Vertrauen aussprachen. Der König, der von seinem Minister noch immer
nicht ganz lassen wollte, fühlte sich anfangs durch solche Vertrauensbeweise
beglückt und schrieb den Augsburgern: „Großen Undank nicht selten er-
fahrend, ist mir der Dank von Augsburgs katholischen Bürgern um so
erfreulicher, der ich Katholiken und Protestanten in ihren verfassungs-
mäßigen Rechten beschütze.“ Doch die Adressen mehrten und mehrten sich,
und ihre pfäffische Frechheit überschritt alles Maß. Eine Eingabe aus
München behauptete frischweg: „jeder Bayer“ verlange Freiheit für seine
katholische Kirche, der schon seine Voreltern Gut und Blut geopfert hätten.
Die Protestanten wurden also schon gar nicht mehr zu den Bayern gerechnet.
Noch gröber redeten die ungezählten Flugschriften, die jetzt mit einem
Male „gegen die neuen Kirchenfeinde und Klosterstürmer“ hervortraten:
*) Fürst Ludwig v. Wallerstein an Frhrn. v. d. Tann, 19. Jan. 1846.
217