Full text: Staatshandbuch für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach

Sitantseinrichtungen des Ührokherzogthums. 
Der Landtag. 
Rah dem revidirten Grundgefeg vom 15. Oftober 1850 über die VBerfaflung des 
Großherzogthbums vom 5. Mat 1816 (Reg. BL 0.1850, ©. 615ff.) nebft Nachtrag vom 
27. März 1818 (Reg.-Bl. v. 1878, S. 49ff.) befteht auch ferner eine allen Theilen 
des Großherzogthums als einem Ganzen gemeinfcdhaftlidhe Berfaflung. Sämmtliche 
Staatsbürger werden dur Männer vertreten, weldhe aus ihrer Dkitte durch freie Wahl 
als Landtags - Abgeordnete hervorgehen. Die Berfammlung diefer bildet den Landtag 
in Einer Kammer. Die Rechte des Landtags find, infofern nicht eine Beichränkung 
derjelben auf Grund der am 1. Fuli 1867 ın Kraft getretenen VBerfaffung des Nord: 
deutihen Bundes und ber an deren Stelle getretenen Berfafiung des Deutichen Reichs 
vom 16. April 1871 erfolgt if, im Wefentlihen folgende: 
1. „das Acht, gemeinfchaftlic mit dem Lanbesfürften die Staatsbebürfniffe zu 
prüfen und die zu ihrer Dedung erforberlihen Einnahmen und Ausgaben feftzuießen; 
2. das Hecht, über jede VBefleuerung und andere Belaftung der Staatsbürger, 
jowie über jede allgemeine Anordnung, melde darauf Einfluß haben möchte, ebe fie 
zur Ausführung tommt, gehört zu werben, bergeftalt, daß ohne diefes Gehör und 
ohne Berwilligung des Landtags meder Steuern oder andere Abgaben und Leiftungen 
im Lande ausgelrieben und erhoben, nody Anleihen auf die Staatslaflen und das 
Bermögen der Staatsbllrger gemacht, noch fonft Fyinanzmaßregeln ergriffen werben 
däirfen, meldhe das Staatsvermögen ober das Vermögen der Staatsbürger in Aniprud 
nehmen oder die Gefährdung des Interefies des Landtags nach fich ziehen könnten. 
Jedoch bat die Staatsregierung das Recht, wenn eine Bereinigung mit dem 
Landtag liber das Staatsbudget nicht zu Stande kommt, die früheren Steuern noch 
auf jeh8 Monate auszujchreiben und zu verwenden umd auch nach diejer Beit die- 
jenigen Staatseinnahmen zu verwenden und Steuern zu erheben, mweldye zur Erfüllung 
tedhtlicher Verbindlichleiten des Staates nöthig find; 
3. das Recht, die Nechnungen der Staatslaffen zu prüfen und fowohl über darin 
bemertte Anftände Austunft, als liberhaupt über die Berwendung von Einnahmen der 
Staatslafien und aus dem Bermögen der Staatsbürger Recenthaft zu verlangen. 
Ueber die Berechtigung des Landtags zur Ueberwadhung der Lanbestreditlafle und 
ihrer Organe ift das Nähere in $ 4 des Gejetes vom 16. September 1897 über die 
Lanbestreditlaffe (Heg.-BL v. 1897, 5.213) beftimmt; 
4. das Hecht, dem Landesfürften Bortrag zu thun liber Mängel und Mißbräude 
in der Gejeßgebung und in ber Berwaltung des Landes mit gutadtlihen Borjchlägen 
zur Abftellung berieben; 
5. das Hecht, Beichiwerde und Klage zu erheben gegen das Staatsminiflerium 
und bdeffen einzelne Mitglieder; 
6. das Recht, an der Gefetgebung in der Art Theil zu nehmen, daß Lanbes- 
gelehe, melche entweder die Sanbeöberfaffung betreffen oder die perjönliche Tyreiheit, die 
icherheit und das Eigenthum der Staatsbürger, fei e8 in bem ganzen Yande oder 
in einzelnen Landestheilen, zum Gegenftand haben, nicht ohne Zuftinmung bes Larıd- 
tages erlaffen oder authentifc interpretirt werden Tönnen. — Gelege, melde nur 
für einzelne Korporationen im Staate gelten follen, Tönnen jedoch in Uebereinftimmung 
mit der Korporation und bloße Drtsgefege in Uebereinftunmung mit ber Gemeinde 
von dem Landesfürften auch ohne Einwilligung des Landtages erlaffen merden; 
7. das Net, daf ohne feine Zufiimmung feine Abtretung vom Staatsgebiet, 
wobei Staatsangehörige aus dem Staatsverband treten, vorgenommen werben darf.“ 
Ausgelibt werden diefe Nechte durch dreiunddreißig Abgeordnete. Dielelben gehen 
aus folgenden Wahlen hervor: fünf aus der Wahl derjenigen Wahlberechtigten, 
welhe aus inländiihem Grunbbefig, und fünf aus ber Wahl derjenigen Wahlbe- 
rechtigten, melde aus anderen Quellen als inländifhem Grundbefig ein jährliches 
Eintommen von mwenigftens 3000 Dlark verfteuern, ferner breiunbzmwanzig aus allge- 
meinen Wahlen der Gemeindeblrger duch Wahlmänner im ganzen Großherzogthum.
	        
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