30 Wolffson, Das Staatsrecht der freien und Hansestadt Hamburg. 89.
einem zahlreichen Beamtenpersonal steht das Constablercorps, sowie die Hafenrunde (das
zur Aufrechterhaltung der polizeilichen Ordnung auf den Wasserstraßen bestimmte Corps)
zur Verfügung des Polizeiherrn. Die städtische Polizeibehörde ist bei Verfolgung von
Verbrechen im ganzen Staatsgebiet zu selbstständigem Einschreiten befugt, im Uebrigen ist
ihre Zuständigkeit auf die Stadt, die Vorstadt St. Pauli und die Vororte beschränkt,
während die Polizeigewalt im Landgebiet, soweit sie nicht den Gemeindebehörden über—
tragen ist, größtentheils den betreffenden Landherren zusteht 1). In der Vorstadt und
und den Vororten sind Bezirksbureaus mit beschränkterer Competenz eingerichtet ). In
Bezug auf die sachliche Zuständigkeit der Polizeibehörden ?) ist zu bemerken, daß dieselben
berechtigt sind, Strafverfügungen in Gemäßheit der Strafproceßordnung (jedoch nur
unter Androhung von Geldstrafe und eventueller Haft und nur in den Fällen des 8 361
des Str. Ges. B. unter Androhung sofortiger Haft), und zur Verhinderung von Friedens-
störungen und Aufrechterhaltung des Besitzstandes einstweilige Anordnungen ohne Prä-
judiz für das gerichtliche Verfahren zu erlassen, Verdächtige oder Personen, zu deren
eigenem Schutz oder bei denen zum Schutze Anderer oder zur Aufrechterhaltung der
Ruhe es erforderlich ist, oder Nicht-Deutsche, deren Auslieferung von einer auswärtigen
Behörde wegen strafbarer Handlungen verlangt wird, zu verhaften (über die Auslieferung
selbst entscheidet in letzterem Fall der Senat); Gegenstände, von denen ein gemeingefähr-
licher Gebrauch zu erwarten ist oder die zur Verübung eines Verbrechens und Vergehens
bestimmt sind, in Verwahrung zu nehmen und erforderlichenfalls zu vernichten und Strei-
tigkeiten über Vergütungen für Dienstleistungen, für welche eine polizeiliche Taxe besteht,
unter Vorbehalt des Rechtsweges zu entscheiden.
b. Einen Zweig der Polizeibehörde bildet die gleichfalls unter dem Polizeiherrn
stehende Baupolizeibehörde ), die durch ihre technischen Beamten, die Baupolizei-
Inspectoren und deren Assistenten, für die Befolgung der baupolizeilichen Vorschriften in
Stadt, Vorstadt und Vororten zu sorgen, auch bei Baustreitigkeiten zwischen Nachbaren
oder über beanspruchte Baubeschränkungen provisorische Verfügungen zu treffen hat. Gegen
ihre Anordnungen steht den Verletzten die Beschwerde an die für Gewerbe-Recurssachen
bestehende Senats-Commission zu?). Durch Anrufung der Beschwerdeinstanz wird die
Beschreitung des Rechtsweges wegen Verletzung von Privatrechten nicht ausgeschlossen.
Zc. Die Aufsicht über das gesammte Medicinalwesen der Stadt führt das, aus
zwei Senatoren, mehreren technischen Mitgliedern, unter denen der Medicinalrath und
drei andere Physici, einem Mitglied des Armen-Collegiums und einem der Gefängniß-
Deputation bestehenden Medicinal-Collegiumy).
d. Eine besondere Deputation besteht für das Feuer-Löschwesen)), eine andere
für die Verwaltung der Feuerkasse, einer unter Aufsicht und Leitung der Staatsbehörden
stehenden, gesetzlich angeordneten Vereinigung der Grundeigenthümer in Stadt, Vorstadt,
einem Theil der Vororte und des Gebietes zur gemeinschaftlichen und gegenseitigen
(zwangsweisen) Versicherung gegen Brandschäden .
1) Bekanntmachung wegen Abänderungen des Gesetzes betreffend Reorganisation der Poli-
zeiverwaltung vom 12. Februar 1883. -
2) Auch für die Stadt sollen nach dem Gesetz vom 25. Oct. 1875 zwei Bezirksbureaus be-
stehen, welche aber noch nicht eingerichtet sind.
3) Gesetz betreffend das Verhältniß der Verwaltung zur Rechtspflege vom 23. April 1879.
Ges. Samml. p. 110.
4) Baupolizei-Gesetz vom 23. Juni 1882. Ges. Samml. p. 28.
5) Bekanntmachung vom 23. Juni 1882. Ges. Samml. p. 85.
6) Gesetz betreffend Reorganisation des Gesundheitsraths vom 26. Oct. 1870. Ges. Samml.
p. 103. S. auch Bekanntmachung vom 11. Nov. 1878 Ges. Samml. p. 114 und vom 18. Oct. 1880
Ges. Samml. p. 91.
7) Gesetz wegen des Feuer-Lösch-Wesens vom 2. März 1868, Ges. Samml. p. 22.
8) Gesetz betreffend die Hamburger Feuercasse vom 28. Aug. 1867, Ges. Samml. p. 66. —