83. Träger der Staatsgewalt. II. Der Senat. 45
Eine fernere Beschränkung bei den Senatswahlen liegt in der Bestimmung, daß derjenige,
dessen Vater, Sohn, Vollbruder, Halbbruder, Stiefvater, Stiefsohn, Schwiegervater, Schwie-
gersohn oder offener Handelsgesellschafter bereits Mitglied des Senates ist, von der Wahl
ausgeschlossen ist ?.
Jede im Senate erledigte Stelle muß binnen vier Wochen wieder besetzt werden ?.
Die Ergänzungswahlen werden nicht etwa allein von der Bürgerschaft vollzogen, vielmehr
wirken dabei beide Staatskörper zusammen, und zwar ist dem Senate bei dem durch die
Verfassung auf das genaueste bestimmten Verfahren ?) ganz derselbe Einfluß auf die Wahl
gewährleistet, welchen die Bürgerschaft ausübt.
Das Verfahren ist sehr verwickelt. Es ist in Kürze folgendes: Die Bürgerschaft wählt
aus ihrer Mitte eine eben so große Zahl von Wahlbürgern, wie Mitglieder des Senates zur
Vornahme der Wahl erschienen sind. Die Wahlbürger treten mit dem Senate im Rathssaale
zu einer Wahlversammlung zusammen, und es werden dann, nachdem der den Vorsitz führende
Bürgermeister allen Anwesenden den Eid abgenommen hat, die auf die Wahl eines Senatsmit-
gliedes bezüglichen Vorschriften der Verfassung getreulich zu befolgen, über alle Vorgänge bei
der Wahl das strengste Stillschweigen zu bewahren und nur dem ihre Stimme zu geben, welcher
nach ihrem besten Wissen und Gewissen der Würdigste ist, durch das Loos, jedoch mit Ausschluß
des Bürgermeisters, drei Wahlkammern gebildet, welche aus je zwei Mitgliedern des Senates
und je zwei Wahlbürgern zusammengesetzt sind. Diese Wahlkammern berathen von einander
getrennt unter dem Vorsitze des seinem Amte nach ältesten Senatsmitgliedes, welches ihnen an-
gehört. Jede von ihnen hat die Aufgabe, nach Stimmenmehrheit eine Person für die Wahl in
den Senat in Vorschlag zu bringen. Ergiebt sich dann, daß eine und dieselbe Person von den
drei Wahlkammern vorgeschlagen wird, so erklärt der Bürgermeister diese als zum Mitgliede des
Senates erwählt. Weicht dagegen die Entscheidung der Wahlkammern von einander ab, so treten
sämmtliche Mitglieder des Senates und sämmtliche Wahlbürger zusammen und nehmen eine ge-
heime Abstimmung über die Vorgeschlagenen vor. Als gewählt gilt dann derjenige, auf welchen
die unbedingte Mehrheit der Stimmen fiel. Wird ein solches Resultat nicht erzielt, so ist in der
Verfassung vorgesehen, daß durch ein gleiches Verfahren, wie es unter Umständen bereits in den
Wahlkammern zur Anwendung gelangte, nämlich durch eine Wiederholung der Abstimmung und
eventuell durch das Ausloosen von Obmännern, welche nach Stimmenmehrheit entscheiden, wer
von den Vorgeschlagenen auf der Wahlliste zu streichen ist, schließlich eine Wahl zu Stande
kommen muß. ·
Die neuen Mitglieder des Senates werden in der nächsten nach der Wahl stattfin-
denden Versammlung des Senates feierlich eingeführt und leisten in Gegenwart des Bür—
gerausschusses den durch die Verfassung vorgeschriebenen Rathseid. Es besteht indessen
für die Gewählten eine Verpflichtung zur Annahme der Wahl, welche letztere die Ver—
fassung von 1851 noch bei Verlust des Bürgerrechtes und des zehnten Theiles des Ver-
mögens forderte, seit dem Jahre 1875 nicht mehr. Ebenso ist der Austritt aus dem
Senate jederzeit gestattet“). Die Mitglieder des Senates bekleiden ihr Amt lebensläng-
lich ). Ueber ihre Versetzung in den Ruhestand ist ein besonderes Gesetz erlassen), ebenso
darüber, in welchen Fällen sie verpflichtet sind, aus dem Senate auszuscheiden ). Während
ihrer Amtsdauer beziehen sie die gesetzlich festgestellten Honorare 5). Es besteht dabei für
die aus dem Gelehrtenstande hervorgegangenen Mitglieder des Senates die Verpflichtung,
auf jeden anderen Beruf zu verzichten und ohne vorgängige Genehmigung des Senates
kein Nebenamt und keine Nebenbeschäftigung, mit denen eine fortlaufende Remuneration
verbunden ist, zu übernehmen. Um die unabhängige Stellung der Senatsmitglieder nach
jeder Richtung hin aufrecht zu erhalten, schreibt die Verfassung ferner vor, daß jene Ge-
nehmigung gleichfalls erforderlich ist für den Eintritt von Senatsmitgliedern in den Vor-
1) Verf. Art. 6.
2) Verf. Art. 8.
3) Verf. Art. 7.
4) Verf. Art. 9.
5) Ebd. Art. 11.
6) Anhang II. zur Verf Urk.
7) Ebd. Anhang 11I.
8) Vgl. Anhang I. zur Verf.Urk.