Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.3. Das Staatsrecht der Freien und Hansestädte Hamburg, Lübeck, Bremen. (7)

85. Die Gesetzgebung und das Verordnungsrecht. 51 
sich um Gesetzentwürfe von besonderer Wichtigkeit, so geschieht es, daß zur Ausarbeitung 
oder zur Vorberathung derselben eine gemeinsame Commission von Senat und Bürger- 
schaft eingesetzt wird. Betreffen die Gesetzesvorlagen den Handel und die Schifffahrt, so 
muß, bevor das weitere verfassungsmäßige Verfahren über sie eingeleitet wird, das Gut- 
achten der Handelskammer eingeholt ) werden. Ebenso pflegt, wenn sie Gewerbeange- 
legenheiten zum Gegenstande haben, die Gewerbekammer zu einer gutachtlichen Aeußerung 
aufgefordert zu werden2). « 
Alle Vorlagen, welche der Senat der Bürgerschaft zu machen gedenkt, gelangen zu- 
nächst an den Bürgerausschuß zur Begutachtung ) und werden von diesem unter Theil- 
nahme von Senatscommissaren berathen. Die Abstimmung wird jedoch erst vorgenommen, 
nachdem die letzteren sich entfernt haben?"). 
Um die schnelle Erledigung der Geschäfte zu sichern, schreibt die Verfassung vor, 
daß in der Regel die Entscheidung des Bürgerausschusses auf die Anträge des Senates 
in derselben Versammlung erfolgen muß, in welcher sie gestellt werden. Es ist jedoch zu- 
lässig, daß der Bürgerausschuß eine Vorlage vorerst einer aus seiner Mitte zu ernennen- 
den Commission zur Begutachtung überweist oder die Berathung derselben bis zu seiner 
nächsten Versammlung aussetzt. Geschieht das erstere, so haben die Commissare des Senates 
das Recht, die Mittheilung des Commissionsgutachtens zu verlangen, bevor die Verhand- 
lung über den Gegenstand fortgesetzt wird ). Andererseits ist der Bürgerausschuß oder 
die von diesem erwählte Commission berechtigt, vor der Beschlußfassung noch nähere Mit- 
theilungen über den gestellten Antrag von den Senatscommissaren zu begehren?). Der 
Bürgerausschuß beschließt sodann, ob er die an ihn gelangte Vorlage der Bürgerschaft 
zur Mitgenehmigung empfehlen will oder nicht, und giebt den Senatscommissaren von 
dem gefaßten Beschlusse durch einen Protokollauszug Kenntniß. Fiel derselbe ablehnend 
aus, so sind in der Regel die Gründe dafür in dem Protokollauszuge anzugeben?'). Dem 
Senate bleibt jedoch unbenommen, seinen Antrag unverändert zur Mitgenehmigung der 
Bürgerschaft zu verstellen 5. 
In der Bürgerschaft haben die Verhandlungen über Vorlagen des Senates vor 
allen anderen den Vorzug; ohne Zustimmung der Commissare des Senates, welche der 
Berathung beiwohnen und welche auf Verlangen jeder Zeit gehört werden müssen?), dür- 
sen sie auch nicht durch anderweitige Geschäfte unterbrochen werden. Die Bürgerschaft 
muß ferner über alle Anträge des Senates in derselben Sitzung, in welcher sie ihr vor- 
gelegt werden, einen Beschluß fassen. Eine wiederholte Lesung findet nicht statt. Indessen 
ist es, wie dem Bürgerausschusse, so auch der Bürgerschaft gestattet, einen Antrag des 
Senates einer aus ihrer Mitte zu erwählenden Commission zur Begutachtung zu über- 
weisen und, bis der Bericht der Commission, dessen Mittheilung die Commissare des Se- 
nates beanspruchen dürfen, eingegangen ist, die Entscheidung auszusetzen. 
Ueber die Beschlüsse der Bürgerschaft auf Vorlagen des Senates wird ein Proto- 
koll aufgenommen, welches der Wortführer und der Protokollführer der Bürgerschaft un- 
terzeichnen und den Commissaren des Senates zustellen, um es diesem vorzulegen 10). Es 
muß ferner binnen drei Tagen nach jeder Versammlung der Bürgerschaft eine Ausferti- 
1) Revidirte Lüb. Kaufmanns-Ordnung v. 28. Jan. 1867 § 28 (Lüb. Verordn. 1867 S. 13.) 
2) Ordnung für die Lüb. Gewerbekammer v. 17. Sept. 1877 Art. 1. (ebd. 1877 S. 54.) 
3) Verf. Art. 70. 
4) Verf. Art. 61. 
5) Verf. Art. 62. 
6) Verf. Art. 63. 
7) Verf. Art. 65. 
8) Verf. Art. 69. 
9) Verf. Art. 41. 
10) Verf. Art. 47. 
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