8 7. Die einzelnen Verwaltungszweige. 59
zu St. Annen, übertragen. Die Behörde verwaltet nach Maßgabe des Regulatives vom
20. Juli 1863 1) das Werk= und Zuchthaus zu St. Annen.
Die Leistungen, welche dem lübeckischen Staate für das Reichskriegswesen obliegen,
werden von Preußen beschafft. Durch die Conventionen vom 3. Mai und 27. Juni 18677)
ist die gesammte Militärverwaltung am 1. Oct. 1867 auf die Kgl. Preußische
Regierung übergegangen. Dem Senate sind indessen seine Ehrenrechte und das Recht,
über die Verwendung des in Lübeck garnisonirenden Bataillons für den inneren Dienst
frei verfügen zu dürfen, vorbehalten. Die Militärcommission des Senates dient zur
Vermittelung des amtlichen Verkehrs zwischen den Militärbehörden und dem Senate.
Die Verwaltung der Zölle und Reichssteuern im lübeckischen Staatsgebiete
befand sich bis zum 1. April 1883 in der Verwaltung des Reiches. Seitdem ist dieselbe
auf Lübeck übergegangen. Die Functionen der obersten Landesfinanzbehörde hat der
Senat übernommen, die der Zolldirectivbehörde hat er dem Kgl. Preuß. Provinzialsteuer-
direktor für die Provinz Schleswig-Holstein übertragen und ihn zu dem Zwecke zum
lübeckischen Ober-Zolldirector ernannt. Für die Verwaltung selbst sind ein Haupt-Zoll-
amt zu Lübeck und ein Neben-Zollamt zu Travemünde errichtet, und ist dem ersteren die
Eigenschaft eines Grenz-Ein= und Ausgangsamtes beigelegt, insbesondere auch im Sinne
des Artikels 38, Absatz 3 Ziff. 3 a der Reichsverfassung, beziehungsweise des Artikels
16 Absatz 1 Ziffer 2 des Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867.
Für das Schulwesen im Staate sind das Unterrichtsgesetz vom 29. September
1866 und das Gesetz, die evangelisch-lutherischen Landschulen betreffend, vom 6. Juni 1863
zur Zeit maßgebend ). Es ist insgesammt der oberen Aufsicht eines Departements, des
Ober-Schulcollegiums, unterstellt. Für die Inspection der öffentlichen Volksschulen in
der Stadt und in den Vorstädten besteht eine besondere Inspections-Commission. Neben
derselben wird die Inspection der einzelnen Schulen durch den Schulrath als technischen Be-
amten des Ober-Schulcollegiums wahrgenommen, theils, und dies gilt für die Landschulen,
durch vom Ober-Schulcollegium ernannte Inspectoren. Die Schulen in der Stadt werden
unterschieden in Staatsschulen, Volksschulen, Privatschulen, sowie Kirchen-, Armen-, Ge-
meinde= und Stiftungsschulen. Die Schulen der letzten Kategorie haben besondere Vor-
steherschaften. Ebenso sind für die Staatsschulen besondere Behörden gebildet; so steht
das Katharineum unter der Schuldeputation.
Die Central-Armendeputation übt die dem Staate obliegende Oberauf-
sicht über alle zur Vorbeugung, Verminderung und Erleichterung der Armuth vorhandenen
Anstalten aus ). Die Vorsteherschaften sämmtlicher öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten
und milden Stiftungen, sowie von Testamenten und Legaten im lübeckischen Staate sind
verbunden, alljährlich der Behörde Rechnung abzulegen. Dieselbe wacht darüber, daß
die fundationsmäßige Bestimmung jeder einzelnen Stiftung möglichst vollständig er-
füllt wird oder, wo diese sich nicht mehr erreichen läßt, daß Beschlüsse über die ander-
weitige Verwendung der Fonds der betreffenden Stiftung gefaßt werden. In Bezug auf
die öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten ist der Wirkungskreis der Deputation noch wesent-
lich erweitert, insbesondere stellt sie auf Grund der ihr übergebenen Spezialbudgets all-
jährlich im Laufe des November ein Generalbudget derselben zusammen, welches sie dem
Senate behufs verfassungsmäßiger Genehmigung vorzulegen hat. Von den neun soge-
1) Ebd. 1863 S. 134
2) Ebd. 1867 S. 254 ff.
# 3) Lüb. Verordn. 1866 S. 63 ff., bezw. 1863 S. 102 ff. Die Organisation des Schulwesens
ist gegenwärtig in der Umgestaltung begriffen. Ueber die Ausgaben für die öffentlichen Schulen in
den Jahren 1872—1881, vgl. Dr. W. Brehmer, a. a. O. S. 90 f.
4) Vgl. Revidirtes Regulativ v. 16. März 1857 (Lüb. Verordn. 1857 S. 8 ff.).