Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.3. Das Staatsrecht der Freien und Hansestädte Hamburg, Lübeck, Bremen. (7)

§ 9. Die Gemeinden. 61 
bei dem hanseatischen Oberlandesgerichte nach Maßgabe eines zwischen den drei Hanse- 
städten vereinbarten Regulatives?. 
§ 9. Die Gemeinden. I. Bis zum Jahre 1848 waren die Bewohner des Landgebietes 
nur die Gutsunterthanen der Stadt, und die letztere allein übte alle politische Gewalt. 
Erst nachdem der ländlichen Bevölkerung ein Antheil an den Staatsgeschäften eingeräumt 
war, ist die Frage, in wieweit eine Trennung von Staats= und Gemeindeverwaltung vor- 
zunehmen sei, zum Gegenstande der Erörterung gemacht worden. 
Während ehedem die Stadt eben den Staat ausmachte, so besteht freilich jetzt eine 
mit verfassungsmäßigen Organen und selbstständigem Gemeindevermögen ausgestattete 
Stadtgemeinde Lübeck') neben und im Gegensatze zu den übrigen Gemeinden des 
Staates. Ihre Verwaltung ist aber auf das engste mit der des Staates verbunden; sie 
vollständig von derselben loszulösen, hat sich aus verschiedenen Gründen verboten. Nament- 
lich beschließen Senat und Bürgerschaft in ganz gleichem Maße wie über die Angelegen- 
heiten des Staates, so auch über die Gemeindeangelegenheiten der Stadt). 
Eine Sonderung der staatlichen und der communalen Dinge besteht in Bezug auf 
die Vermögensverwaltung, aber nur bis zu einem gewissen Grade, denn die Stadtgemeinde 
Lübeck, als deren alleiniges und ausschließliches Eigenthum Alles anzusehen ist, was im 
Jahre 1848 das Vermögen des Staates ausmachte, läßt beständig das Land an dem 
Genusse ihres Vermögens theilnehmen, indem sie es für rein staatliche Zwecke verwendet. 
Es sind verschiedene Institute vorhanden, deren Wirkungskreis auf die Stadt Lübeck mit 
Einschluß der Vorstädte beschränkt ist. Hierhin gehören die städtische und die vorstädtische 
Brand-Assekuranzkasse), die Gasanstalt, die Stadtwasserkunst, sowie die für das Feuer- 
löschwesen bestehenden Anstalten. Sie sind sämmtlich der Verwaltungsbehörde für städtische 
Gemeindeanstalten unterstellt?). Die letztere erhebt die zu ihrer Unterhaltung bestimm- 
ten Abgaben. Das Budget der Behörde wird alljährlich durch Rath= und Bürgerschluß 
festgesetzt ?). 
Andere Gemeindebehörden sind die Brandbehörde?), die Kirchhofs- und 
Begräbnißdeputation ) und die Einquartierungs-Commission?). 
Auch auf dem Gebiete des Armenwesens wird zwischen Staats= und Communal= 
instituten unterschieden: von den neun öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten sind sechs, 
nämlich die Allgemeine Armenanstalt, das St. Johannis-Jungfrauenkloster, die Brigitten- 
Stiftung, das Hospital zum heiligen Geist, das Waisenhaus und das Burgkloster Ge- 
meindeinstitute der Stadt Lübeck 10). Sie sind zum Theil mit ansehnlichem Grundbesitz 
und Kapitalvermögen ausgestattet und stehen sämmtlich unter Vorsteherschaften, welche 
aus Mitgliedern des Senates und bürgerlichen Deputirten zusammengesetzt sind. 
1) Regulativ v. 1. Juli 1881 (ebd. 1881 S. 74 ff.). 
2) Ueber den rechtlichen Bestand derselben vgl. Decret des Senates an den Bürgerausschuß 
v. 31. Jan. 1876 (Verhandl. zw. Senat uud Bürgerschaft, 1870). 
3) Val. S. 44. 
4) Statut für die städtische Brand-Assekuranzcasse v. 1. Mai 1877 (Lüb. Verordn. 1877 
S. 94 ff.) nebst Nachtrag v. 12. April 1880 (ebd. 1880 S. 154 ff.). 
5) Vgl. Bekanntmachung v. 22. Juli 1874 (ebd. 1874 S. 45). 
6) Verordnung v. 19. Nov. 1877 (ebd. 1877 S. 63). 
7) Val. Regulativ für das Feuerlöschwesen v. 28. Dec. 1878 (ebd. 1878 S. 141 ff.). 
8) Kirchhofs= und Begräbniß-Ordnung v. 20. Juli 1874 (ebd. 1874 S. 31 ff.), nebst Nach- 
trag v. 19. Nov. 1881 (ebd. 1881 S. 134 f.). 
9) Einquartirungsstatut v. 29. März 1871 (ebd. 1871 S. 19 ff.). 
4 Die neunte, das St. Jürgen Siechenhaus, ist ein Gemeindeinstitut des Städtchens Tra- 
vemünde. 
 
	        
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