Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.3. Das Staatsrecht der Freien und Hansestädte Hamburg, Lübeck, Bremen. (7)

62 Klügmann, Das Staatsrecht der freien und Hansestadt Lübeck. 889. 
Während die Stadtgemeinde Lübeck ohne eine besondere Gemeindeordnung besteht, 
ist eine solche für die Landgemeinden :) und für die Hafenstadt, das Städtchen Trave- 
münde?), erlassen. 
II. Nach der Ordnung für die Landgemeinden ist Jeder Mitglied derjenigen 
Gemeinde, in deren Bezirke er dauernd seinen Wohnsitz hat. Das Gemeinderecht, welches 
das Recht zur Theilnahme an den Gemeindeangelegenheiten, namentlich das active und 
passive Wahlrecht zu den Gemeindeämtern, umfaßt, steht jedoch nicht den Gemeindemit- 
gliedern insgesammt zu, sondern nur denjenigen, welche in dem Gemeindebezirke mit 
Grundbesitz angesessen sind und welche zu den Gemeindelasten beitragen, sowie ferner den 
volljährigen männlichen Gemeindemitgliedern, welche Angehörige des lübeckischen Staates sind, 
eine selbstständige Stellung haben und gleichfalls zu den Gemeindelasten einen Beitrag leisten. 
Jede Gemeinde verwaltet unter der Oberaufsicht des Staates ihre Angelegenheiten 
selbst und ist befugt, zu dem Behufe statutarische Anordnungen zu treffen, welche letztere 
der Bestätigung der Aufsichtsbehörde unterliegen. 
Die Organe der Gemeinden sind: der Gemeindevorstand und die Gemeindever- 
sammlung, bezw. der Gemeinderath. Der erstere besteht aus drei Mitgliedern, von 
denen eines den Vorsitz führt. Er wird von der Gemeindeversammlung unter Vorbehalt 
der Bestätigung durch die Aufsichtsbehörde nach absoluter Stimmenmehrheit auf sechs 
Jahre erwählt. Zu seinen Obliegenheiten gehören insbesondere die Verwaltung der Ge- 
meindeanstalten und des Gemeindevermögens sowie die Erhebung der Gemeindesteuern, 
er übt ferner die Gemeinde-, Flur= und Feuerpolizei, vertritt die Gemeinde nach außen, 
namentlich den Staatsbehörden gegenüber und vor Gericht, bringt die Verfügungen der 
Regierungs= und Verwaltungsbehörden zur Ausführung und nimmt die öffentliche Armen- 
pflege wahr. 
Die Gemeindeversammlung wird aus allen Gemeindemitgliedern gebildet, denen 
das Gemeinderecht zukommt. Ihrer Genehmigung unterliegen alle Angelegenheiten, welche 
nicht ausdrücklich dem Vorstande überwiesen sind, und erstreckt sich ihre Mitwirkung auf 
alle Gegenstände von einiger Wichtigkeit: sie beschließt vornehmlich über die Gemeinde- 
Ausgaben und Gemeindesteuern, sowie über die Auflegung von Diensten zu Gemeinde- 
zwecken. Für die Abstimmungen der Versammlung ist es von Bedeutung, daß ein abge- 
stuftes Stimmenverhältniß stattfindet, in der Weise, daß die Zahl der Stimmen, welche 
der Einzelne abzugeben hat, sich nach der Größe seines Grundbesitzes richtet. Es ist 
Grundsatz, daß die Stimmenzahl der Grundbesitzer nicht durch die der Nichtangesessenen 
überwogen wird, und es ist deshalb den Gemeinden anheimgestellt, wenn sich dafür die 
Nothwendigkeit ergiebt, durch das Gemeindestatut das Stimmenverhältniß zu Gunsten 
der Grundbesitzer zu ändern. 
In Gemeinden, in denen die Gemeindeversammlung aus mehr als fünfzig Mit- 
gliedern besteht, kann an ihre Stelle ein Gemeinderath treten. Derselbe wird aus den 
drei Gemeindevorstehern und mindestens sechs Gemeindevertretern gebildet und übt alle 
Befugnisse der Gemeindeversammlung. Die letztere tritt dann nur noch zusammen, so 
oft der Vorstand oder der Gemeinderath zu wählen ist. 
Die Gemeindeordnung für das Städtchen Travemünde enthält über die 
Besteuerung der Gemeindemitglieder einige besondere Bestimmungen, welche den örtlichen 
Verhältnissen entsprechen. Der Gemeindevorstand besteht in Travemünde aus fünf Per- 
sonen, welche gleichfalls von der Gemeindeversammlung, und zwar auf fünf Jahre, 
1) Landgemeinde-Ordnung v. 11. Febr. 1878 (Lüb. Verordn. 1878 S. 7 ff.). Sie kommt 
nicht zur Anwendung für die das Gesammtgut Weissenrode bildenden Gemeinden Niendorf, Moor- 
garten und Reecke; für diese hat eine am 16. April 1834 vom Senate bestätigte Gemeindeordnung 
Gültigkeit (ogl. ebd. 7, S. 346 ff.). 
2) Gemeinde-Ordnung v. 21. März 1881 (ebd. 1881 S. 27 ff.). 
 
	        
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