Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

90 Becker, Das Staatsrecht des Großherzogthums Oldenburg. 9. 10. 
auch Juristen, da wohl nichts mehr geeignet ist, das Gerechtigkeitsgefühl zu beeinträch- 
tigen, als religiöse Unduldsamkeit. Aber es sind vereinzelte Ausnahmen geblieben. 
§ 9. Unterrichts= und Erziehungswesen. Die Leitung und Beaufsichtigung des ge- 
sammten Unterrichts= und Erziehungswesens im Herzogthum haben unter 
Aufsicht des Staatsministeriums zwei Oberschulkollegien, eine evangelische und eine ka- 
tholische, deren Mitglieder derjenigen Confession angehören sollen, deren Unterrichtswesen 
vom betreffenden Oberschulkollegium geleitet wird. Unter ihnen muß mindestens ein Geist- 
licher und ein mit dem Volksschulwesen vertrauter Schulmann sein. Wegen der besonderen 
Regelung des Unterrichtswesens der Juden verweise ich auf das beim Cultus Bemerkte. 
Eine Landesuniversität hat Oldenburg nicht; die Gymnasien und eine Navigations- 
schule in Elsfleth sind Staatsanstalten. Einen Vorschlag der Staatsregierung, die Real- 
schule, früher höhere Bürgerschule der Stadt Oldenburg, zur Staatsanstalt zu erheben, 
hat der Landtag abgelehnt. Solche höhere Schulen und die Volksschulen, in denen eine 
religiös confessionelle Bildung stattfinden soll, sind Gemeindeanstalten, die Ausgaben für 
dieselben von den Gemeinden zu bestreiten; doch hat das Bedürsniß wachsende Staatszu- 
schüsse gefordert. 
Die Organisation der einzelnen Schulgemeinden ist derjenigen der politischen Ge- 
meinde angepaßt. Freigewählte Schulachtsausschüsse beschließen über die Angelegenheiten 
der Schule, soweit diese nicht ausschließlich dem im Wesentlichen nur die Verwaltung 
führenden Schulvorstande, bestehend aus dem staatlichen Beamten, Pfarrer, ersten Lehrer, 
Juraten und einem gewählten Mitgliede, zugewiesen sind. In wichtigen Angelegenheiten 
hat letzterer die Genehmigung des Oberschulkollegiums einzuholen. Es kann jedoch nach 
einer Bestimmung des Schulgesetzes von 1855 die Organisation der Schulgemeinde der- 
jenigen der politischen Gemeinde nach Maaßgabe der Gemeindeordnung angeschlossen 
werden, und hat hiervon zunächst die Stadt Oldenburg Gebrauch gemacht, um nicht das 
Interesse der Bürger an der Selbstverwaltung durch allzugroße Zersplitterung zu beein- 
trächtigen. Später sind eine Reihe von insbesondere höheren Schulen als Anstalten der 
politischen Gemeinde geschaffen worden, und hat das Staatsministerium 1880 diese Praxis, 
deren Gesetzmäßigkeit von ihm bezweifelt wurde, gebilligt, da dieselbe „in materieller Be- 
ziehung zur Beanstandung keine Veranlassung gegeben habe“. 
§ 10. Wasserbau und Deichgenossenschaften. Auf ähnlichen Grundsätzen, wie die- 
jenigen der politischen und Schul-Gemeinde beruht die Organisation der sonstigen kom- 
munalen Genossenschaften, von denen hier wegen ihrer Eigenthümlichkeit und 
besonderen Wichtigkeit für das Herzogthum Oldenburg, dessen aus Marschland bestehender 
5ter Theil für Anlegung und Sicherheit seiner Deiche und Herstellung genügender Ab- 
wässerung durchschnittlich jährlich 360 000 Mark, 1870 jedoch 700 000 Mark aufwenden 
mußte, nur die Wasserbaugenossenschaften und unter ihnen die Deichgenossen- 
schaften hervorgehoben werden sollen. 
In der Deichordnung von 1855 ist die früher nicht allgemeine Communiondeichung, 
Bedeichung auf gemeinschaftliche Kosten des Deichlandes, für allein zulässig erklärt. Alles 
unter dem Schutze der staatlich beaufsichtigten Hauptdeiche gegen die Fluthen des Meeres 
und der Flüsse liegende Binnenland ist deich= und sielpflichtig, hat die Kosten aller zum 
Zweck des Deich= und Sielwesens gemeinschaftlichen Anstalten zu tragen: „Kein Land 
ohne Deich und kein Deich ohne Land“. Es sind dann die der Mehrzahl nach aus 
früheren politischen Verbänden hervorgegangenen zahlreichen Deichbände auf viere ver- 
mindert, deren einzelner Jeder angehört, welcher innerhalb dieser Genossenschaft ein deich- 
pflichtiges Grundstück besitzt. Auf ihrem Vermögen, dann auf dem deichpflichtigen Lande 
haften alle Verbindlichkeiten, welche der Genossenschaft als solcher obliegen. Umlagen werden 
nach Größe und Güte des deichpflichtigen Landes repartirt. Eine Beihülfe der verschie-
	        
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