96 Otto, Das Staatsrecht des Herzogthums Braunschweig. 81.
wickelung der staatsrechtlichen Verhältnisse des Herzogthums von Bedeutung gewesen. Denn nach
seinen Vorschriften wurde, nachdem Herzog Wilhelm durch Patent vom 20. April 1831 No. 7, die
wegen Regierungsunfähigkeit des bisherigen Throninhabers durch agnatische Disposition für er-
ledigt erklärte Landesregierung definitiv angetreten hatte, in einer Verordnung vom 11. Juni
desselben Jahres No. 12 ein offener Landtag nach Braunschweig berufen, aus dessen Berathungen
ein neues Landesgrundgesetz hervorging.
Einem von der Regierung im Juni 1831 vorgelegten Gesetzentwurfe, welcher sich
in den Grenzen einer Revision der Landschaftsordnung von 1820 hielt, folgte nach Be-
rathungen im Plenum der Landschaft und langen Kommissionsberathungen, in denen die
Ueberzeugung von der Nothwendigkeit einer den Forderungen der Neuzeit Rechnung
tragenden gesetzlichen Umgestaltung des diesseitigen Staatsrechts zur Geltung gebracht wurde,
der Entwurf einer Verfassung im eigentlichen Sinne des Wortes. Durch den Art. 1
des Landtagsabschiedes vom 12. Oktober 1832 konnte sodann beurkundet werden, daß
das neue Verfassungsgesetz unter dem Namen der „Neuen Landschafts-Ordnung“, ferner
ein Finanznebenvertrag und die mit der N.L.O. zu erlassenden Gesetze, nämlich: das Wahl-
gesetz, die Geschäftsordnung, das Gesetz über den Civil-Staatsdienst, die Gesetze über
die Organisation und den Geschäftskreis der Ministerial-Commission, der Kreisdirectionen,
der Cammer, des Finanz-Collegiums und der Steuerdirektion in den weiteren Verhand-
lungen vereinbart, „einstimmig“ von der Landschaft angenommen und neben dem L.A.
publicirt seien. Die N.L.O. vom 12. Oktober 1832 Nr. 18 wurde, wie der Eingang aus-
drücklich sagte, fortan das Grundgesetz des Landes und besteht als solchesnoch jetzt.
Eine wesentliche Veränderung erfuhr später die Zusammensetzung der Landesver-
tretung. Die N.L.O. vereinigte in einer Kammer 48 Abgeorduete, 10 Abgeordnete der
Ritterschaft, 12 der Städte, 10 der Fleckenbewohner, Freisassen und Bauern, 16 gemein-
schaftlich von diesen 3 „Standesklassen“ zu wählende Abgeordnete, welche letztere „unter
den Männern von höherer Geistesbildung gewählt werden“ und von denen 2 der höheren
Geistlichkeit angehören sollten. Im April 1848 legte die Regierung mit dem Bemerken,
daß in Folge der „gänzlichen Umgestaltung der Verfassung des deutschen Bundes“ das
Grundgesetz „Abänderungen erleiden müßte", ferner, daß die „gegenwärtige Ständever-
sammlung als berufen zu der Vereinbarung eines neuen Landesgrundgesetzes nicht ange-
sehen werden könne“, einen Entwurf vor, welcher zum Erlasse des Gesetzes vom 11. Sept.
1848 Nr. 43 führte. Dieses Gesetz (nebst einem Wahlgesetz), welches in die „Versammlung
der Abgeordneten des Landes“ aus den Städten 20, aus den Landgemeinden 34, im
Ganzen also 54 Abgeordnete, davon 26 mittelst direkter Wahlen der Höchstbesteuerten,
28 mittelst direkter allgemeiner Wahlen berief, nannte sich selbst ein provisorisches,
erlassen für einen „besonderen Landtag“, dem nach dem Eingange neben den laufenden
Geschäften des ordentlichen Landtages bestimmte Aufgaben, darunter die Revision der
Verfassung, insbesondere die Vereinbarung der definitiven Zusammensetzung der Lan-
desvertretung, zufallen sollte. Während eine umfassende Revision des Grundgesetzes unter-
blieb, weil die vorausgesetzte Veranlassung in Folge der damaligen Gestaltung der deut-
schen Angelegenheiten und der Wiedereröffnung des Bundestages fortfiel, wurde auf dem
besondern Landtage, unter dessen Mitwirkung eine Reihe der wichtigsten Reformgesetze
(Gerichtsverfassung, Proceßordnungen, Städte-, Landgemeinde-Ordnung u. s. w.) zu Stande
kamen, auch das definitive Gesetz über die Zusammensetzung der Landesversammlung vom
20. November 1851 Nr. 48 vereinbart.
Die N.L. O. vom 12. Oktober 1832 in Verbindung mit dem eben er-
wähnten Gesetze und einigen Abänderungen, von denen das Ges. v. 16. Februar
1879 Nr. 3, die provisorische Ordnung der Regierungsverhältnisse bei einer Thronerle=
digung betreffend, als wichtig hervorzuheben ist, ferner die Gestaltung, welche in
Ausführung des Grundgesetzes die Landesgesetzgebung den staatsrecht-