Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

100 Otto, Das Staatsrecht des Herzogthums Braunschweig. 83. 
Gesetz, welche sich „mit öffentlichen Angelegenheiten beschäftigen“. Unterschieden werden nach 
diesen Einschränkungen 1) Vereine, unter denen als eine besondere Gattung die politischen 
Vereine erscheinen, 2) Versammlungen und zwar a. in geschlossenen Räumen, b. unter freiem 
Himmel. Zu 1): Binnen 8 Tagen nach der Stiftung ist über Zusammensetzung, Zweck, Wirk- 
samkeit unter Einreichung von Statuten und Mitglieder-Verzeichnissen von den Unternehmern 
und Vorstehern bei den Landespolizeibehörden, welche Bescheinigung ertheilen, Anzeige zu machen. 
Aenderungen im Angezeigten und Ueberreichten sind von politischen Vereinen binnen 8 
Tagen, von anderen am Schlusse jedes Kalenderjahres anzuzeigen. Politische Vereine dürfen 
Frauenspersonen, Schüler, Lehrlinge, der politischen Rechte verlustige und solche Personen, welche 
als Mitglieder von, gesetzwidrige Zwecke verfolgenden Vereinen in den letzten 3 Jahren bestraft 
sind, nicht aufnehmen, ferner nicht mit anderen Vereinen so in Verbindung treten, daß sie sich 
einander oder einem gemeinsamen Organ unterwerfen. „Die Landesr egierung kann einen 
Verein, dessen Einrichtung oder Thätigkeit der kirchlichen, gesellschaftlichen oder staatlichen Ord- 
nung gefährlich wird, durch Verordnung auflösen". Den Landespolizeibehörden 
steht, wenn sie einen Verein im Verdachte der Verfolgung gesetzwidriger Zwecke haben, vor- 
1ä ufige Schließung zu, welche nach Ablehnung der binnen 8 Tagen zu beantragenden 
strafrechtlichen Verfolgung oder freisprechendem Erkenntnisse außer Kraft tritt. Zu 2): Inge- 
schl ossenen Räumen stattfindende öffenttiche (was öffentlich, sagt ben G.) Ver- 
sammlungen sind, wenn sie von Vereinen wiederkehrend auf Grund genereller 
Bestimmung von Zeit und Ort abgehalten werden, mindestens 24 Stunden vor der ersten Ver- 
sammlung, sonst jedesmal unter Angabe von Zweck, Tageszeit, Stunde, Ort mindestens 
24 Stunden vorher bei der Ortspolizeibehörde in einer Anzeige, welche, wenn die Versammlung 
nicht von einem Vereine ausgeht, von 3 wahlberechtigten Gemeindegenossen zu unterschreiben ist, 
zu melden. Zu allen von politischen Vereinen ausgehenden oder ohne Vereins-Grundlage ver- 
anstalteten Versammlungen ist die Orts= oder Landespolizeibehörde zwei, „wenn thunlich, höhere" 
Polizeibeamte oder „zwei Personen als Abgeordnete"“ zu senden befugt. Versammlungen 
unter freiem Himmel sind, (sonst unter Erfüllung der vorstehend mitgetheitten Beding- 
ungen,) mindestens 48 Stunden vorher anzuzeigen und bedürfen, wenn sie in Ortschaften, auf 
öffentlichen Wegen, in der Nähe der Herzoglichen Nesidenzschlösser abgehalten werden sollen, be- 
sonderer polizeilicher Genehmigung. Das Gesetz erkennt noch ausdrücklich die Befugniß der 
Polizeibehörden, die im Interesse der öfientlichen Ordnung erforderlichen Maßregeln und An- 
ordnungen zu treffen, an und giebt gemeinschaftliche, die Ordnung betreffende Bestimmungen für 
die Versammlungen, (Ausschluß von Frauenspersonen, Schülern, Lehrlingen von Versammlungen 
in geschlossenen Räumen, Verbot bewaffneten Erscheinens, polizeiliche Auflösung bei Mißachtung 
gewisser Vorschriften und bei grober Unordnung u. s. w.). Endlich folgen Strafbestimmungen. — 
In Folge Bundesbeschlusses vom 13. Juli 1854 sind noch durch G. v. 16. Nov. desselben Jahres 
No. 58 „Arbeitervereine und Arbeiter-Verbrüderungen, welche politische, socialistische oder com— 
munistische Zwecke verfolgen, verboten.“ 
Unter der gemeinsamen Ueberschrift „Sicherheit der Person und des Eigen— 
thums“ gewährt die N.L.O. in § 32 „jedem Einwohner Sicherheit der Person, des 
Eigenthums und der übrigen Rechte“ und trifft in § 33 Anordnungen wegen der Zwangs- 
enteignung. Diese Verbindung zeigt, daß in § 32 nicht nur an den, dem Staate ob- 
liegenden Schutz der Rechtssphäre jedes Einzelnen gegen Eingriffe Dritter gedacht ist, 
sondern insbesondere auch dem willkürlichen Eingreifen der Organe der Staatsgewalt selbst 
eine auf der Verfassung beruhende Schranke hat gezogen werden sollen. Dem § 32, so 
aufgefaßt, schließen sich als Einzelbestimmungen an die §§ 201—204 der N.L.O., erlassen 
im Interesse der unbehelligten bürgerlichen Rechtsverfolgung, ferner zum Schutze eines 
Angeschuldigten gegen Willkür der Behörden in strafrechtlicher Verfolgung und Verhaf- 
tung desselben, sowie der (allgemeine Vermögens-Confiscationen völlig ausschließende) 
§ 207 wegen der Beschlagnahmen. Es ist wegen dieser Materien jetzt auf die Reichs- 
gesetzgebung zu verweisen. „Die Frage, welche Entschädigung vom Staate dem durch 
Handlungen der Regierungs= und Verwaltungsbehörden in seinen wohlerworbenen Rechten 
Verletzten gebühre, fällt ohne Zulassung eines Competenz-Conflicts lediglich der Entschei- 
dung der Gerichte anheim“", jedoch so, daß ein Eingriff durch Gesetz auch nur zu der 
im Gesetze bestimmten Entschädigung berechtigt (N.L.O. 8 197). 
Ueber die Zulässigkeit von Zwangsenteignungen ist, wo nicht Specialgesetze 
(z. B. das Borggesetz, auch Neichsgesete) Anordnungen treffen, nach der allgemeinen Be- 
stimmung des schon citirten § 33 der N.L.O. zu entscheiden. „Privateigenthum und 
Privatgerechtsame können für wejentliche Zwecke des Staates oder einer Gemeinde nur in
	        
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