Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

8 4. Das Staatsoberhaupt. 109 
jährigen nicht regierenden Prinzen der zum Deutschen Bunde gehörenden Fürstenhäuser“. 
— An Stelle des nicht mehr existirenden Rechtsbegriffs „Deutscher Bund“, welcher zwei- 
mal vorkommt, wird nach Sinn und Grund der Verfassungsbestimmung das Deutsche 
Reich zu setzen sein. — Der Regent ist in der Ausübung der Staatsgewalt, da die Ver- 
fassung ihm Beschränkungen nicht auferlegt, ganz in der Stellung des Fürsten selbst. 
2) In einer zweiten Richtung ordnet die Stellvertretung das „die provisorische 
Ordnung der Regierungsverhältnisse bei einer Thronerledigung betreffende Gesetz vom 
16. Februar 1879 Nr. 3“, welches nach seinem Eingange zur Ergänzung der Landesverfassung 
erlassen ist, also einen Theil der letzteren bildet und nach seinem § 1 die an diesen sich schließenden 
Bestimmungen trifft, „um bei künftig eintretenden Thronerledigungen die 
verfassungsmäßige Verwaltung des Herzogthums gegen Störungen in 
den Fällen zu sichern, daß der erbberechtigte Thronfolger am sofortigen 
Regierungsantritte irgendwie behindert sein sollte")". Das Gesetz bezieht 
sich nach seinem weiteren Inhalte auch auf die Fälle, daß ein bei Minderzährigkeit des 
Thronfolgers berufener vormundschaftlicher Regent „an actueller Ausübung der Regie- 
rung“, (dieser Ausdruck kommt später im Gesetze vor), behindert ist. Da es nur von 
Fällen der Behinderung eines erbberechtigten Thronfolgers handelt, so würde 
die durch dasselbe geordnete Stellvertretung bei immerwährender, auf körperlichem oder 
geistigem Gebrechen beruhender Regierungsunfähigkeit des nach der Successionsordnung 
an sich zur Thronfolge Berufenen nicht eintreten, da der letztere als erbberechtigter 
Thronfolger, weil von der Thronfolge überhaupt ausgeschlossen, nicht anzusehen sein 
würde. (s. o. § 4 IV.) Wohl aber würde das Gesetz, wenn die Dauer der Regierungs- 
unfähigkeit z. B. zweifelhaft, in Kraft treten können. — Geübt wird die Staatsgewalt in 
den unter das Gesetz zu subsumirenden Fällen, über deren Vorhandensein die Ansicht des 
Staatsministeriums entscheidet, zunächst als provisorische Regierung durch einen 
Regentschaftsrath, bestehend aus den stimmführenden Ministern, dem Präsidenten 
der (gerade tagenden oder zuletzt vorher verabschiedeten) Landesversammlung, dem Präsi- 
denten des Oberlandesgerichts, nach einem Jahre aber, wenn inzwischen nicht der 
Regierungsantritt des Thronfolgers, bezw. des vormundschaftlichen Regenten, wegen 
Wegfalles des Hindernisses erfolgt ist, durch einen Regenten, welchen „die Landes- 
versammlung auf Vorschlag des Regentschaftsraths aus den volljährigen, nicht regierenden 
Prinzen der zum Deutschen Reiche gehörenden sonveränen Fürstenhäuser“ wählt. — Der 
8 4 des Gesetzes enthält einige Beschränkungen der Ausübung der Staatsgewalt durch 
den Regentschafts rath. Während dessen provisorischer Regierung sollen insbesondere 
keine Verfassungsänderungen stattfinden; durch Anträge bei dem Reichsoberhaupte ist die 
Ordnung des Verhältnisses zum Reiche namentlich bezüglich des Stimmrechtes im Bundes- 
rathe für die Zeit der provisorischen Regierung, ferner die vom Kaiser und Bundesfeld- 
herrn für erforderlich erachtete Anordnung bezüglich der Ausübung der den Einzelstaaten 
verbliebenen Militärhoheitsrechte für dieselbe Zeit herbeizuführen; etwa erforderliche 
Ministerernennungen erfolgen durch den Regentschatsrath nur für die Dauer der provi- 
sorischen Regierung. Der den Regentschaftsrath ablösende Regent übt dagegen die 
1) Veranlassung zu der Gesetzesvorlage gab ein darauf gerichteter Antrag der Landes- 
versammlung. Das Gesetz, welches nicht von einem bestimmten Falle, sondern von „Fällen“ 
spricht, ist ein generelles und dazu bestimmt, eine Verfassungslücke auszufüllen. Nur von diesem 
allgemeinen Gesichtspunkte aus wurde es Seitens der Regierung eingebracht und vertreten. Für 
die Auslegung desselben wird es aber nicht ohne Bedeutung sein, zu erwähnen, daß in den Ver- 
handlungen der Landesversammlung über jenen Antrag als eine der nächsten Veranlassungen 
des letzteren die nach dem Tode des Königs Georg V. erfolgte bekannte Stellungnahme des Herzogs 
von Cumberland bezeichnet wurde, hinsichtlich welcher die Landesversammlung unter Anderem die 
Ansicht ihres Berichterstatters ausdrücklich acceptirte, es könne, wer die Reichsverfassung nicht an- 
erkenne, auch nicht den Thron in einem Deutschen Einzelstaate einnehmen.
	        
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