Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

116 Otto, Das Staatsrecht des Herzogthums Braunschweig. § 7. 
der betr. Stadtgemeinde befähigt und verpflichtet zum Erwerbe des Bürgerrechts, b) in 
der betr. Landgemeinde ipso jure wahlberechtigt. Der Bedeutung des Grundbesitzes 
und größerer gewerblicher Etablissements in Landgemeinden tragen besondere Bestim- 
mungen Rechnung. « 
Die Gemeindevertretungen (Stadtverordnete, Gemeinderäthe) mit sechs— 
jähriger Funktionsdauer gehen aus direkten Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor. 
Zum Zwecke der Wahlen werden die Wahlberechtigten nach der Commnnalsteuer vom 
Höchstbesteuerten abwärts in drei Klassen, deren jede ein Drittel jener Steuer repräsentirt, 
getheilt. Jede der drei Klassen wählt ein Drittel der Vertreter. Ablehnung oder Nieder— 
legung der Mitgliedschaft in der Vertretung, ebenso eines Gemeindeamtes (mit Ausnahme 
des Amtes eines besoldeten Magistratsmitgliedes) ist nur aus gesetzlich bestimmten Grün— 
den zulässig. Die Gemeindevertretungen berathen und beschließen in öffentlichen, im ein— 
zelnen Falle auch nach darauf gerichtetem Beschlusse in geheimen Sitzungen. Der Landesfürst 
kann die Gemeindevertretungen auflösen, „wird dann aber zugleich neue Wahlen anordnen“. 
Alljährlich ist über Einnahmen und Ausgaben ein Voranschlag aufßzustellen, 
welcher der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. Letztere kann die Bereitstellung 
der Mittel zur Erfüllung rechtlich begründeter Verbindlichkeiten auf gesetzlich geordnetem 
Wege erzwingen; aus Gründen der Zweckmäßigkeit und aus Rücksichten auf das Gemein- 
wohl kann eine nochmalige Beschlußfassung über den Voranschlag veranlaßt, die Bestätigung 
aber schließlich nicht versagt werden. Die Gemeinderechnung unterliegt der Prüfung Seitens 
der Gemeindeorgane, sodann einer insbesondere auf die Gesetzlichkeit dieses Theils der Gemein- 
deverwaltung sich erstreckenden Oberprüfung Seitens der Aufsichtsbehörde, welche auch auf 
Beschwerden des Rechnungsführers über die Entscheidungen der Gemeindeorgane Oberentschei- 
dungen abzugeben hat. Gegenletztere findet der binnen Jahresfrist zu beschreitende Rechtsweg statt. 
Das Gemeindevermögen ist nach Möglichkeit zu erhalten und dient nur 
Gemeindezwecken. Zur Zahlung der nach Bedarf zu erhebenden Communalsteuern 
sind 1) die Gemeindegenossen, 2) die Markgenossen hinsichtlich der Abgaben vom Grund- 
besitz, 3) die Fremden nach einem Aufenthalte von gewisser Dauer, 4) wegen des Ein- 
kommens aus cinem stehenden Gewerbe nach besonderen Grundsätzen auch 
die im Bezirke Wohnsitz oder Aufenthalt nicht habenden physischen Personen sowie 
Actiengesellschaften, Commanditgesellschaften auf Actien und Gewerkschaften verpflichtet. 
Wegen dinglicher und persönlicher Befreiungen ist auf die Gemeindeordnungen zu verweisen. 
Die Aufsichtsbehörden sind in der Stadt Braunschweig das Staatsministerium, 
in allen übrigen Gemeinden die Kreisdirektionen (s. oben § 5 No. 5). Letztere „haben im 
Allgemeinen darauf zu achten, daß die Verwaltung den Gesetzen gemäß geführt werde.“ 
Insbesondere sind sic befugt, nicht nur a) ungesetzliche Beschlüsse und Verfügungen der 
Gemeindebehörden nach Anhörung der letzteren aufzuheben, in den Städten wenigstens, 
sofern Einverständniß der Stadtbehörden bezüglich des betr. Beschlusses herrscht, behuf 
Einholung der Entscheidung des Staatsministeriums Einspruch einzulegen, sondern auch 
b) die Ausführung von, nach ihrer Ansicht das Gemeinwohl gefährdenden Beschlüssen und 
Verfügungen einstweilen zu untersagen und Entscheidung des Ministeriums einzuholen, 
T) auf gesetzlich geordnetem Wege die Gemeinden zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten 
anzuhalten, d) bei Gefahr im Verzuge provisorische Anordnungen selbständig zu treffen. 
„Zugleich haben die Aufsichtsbehörden aber auch die Verpflichtung, zur Förderung eines 
kräftigen Gemeindelebens mitzuwirken, und haben sie sich einer nicht durch die Gesetze 
begründeten Einmischung in die Gemeindeangelegenheiten zu enthalten“. Die vorstehend 
mitgetheilten Bestimmungen regeln auch mit den erforderlichen Modificationen die dem 
Herzogl. Staatsministerium unmittelbar in der Stadt Braunschweig zustehende Aufsicht. 
Genehmigung des Staatsministeriums ist in allen Gemeinden erforderlich bei anuto-
	        
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