118 Otto, Das Staatsrecht des Herzogthums Braunschweig. 87.
habung der Disciplin über Magistratsmitglieder, Suspension, Entlassung derselben, Pen—
sionsberechtigung der auf Lebenszeit angestellten Mitglieder u. s. w.
3. Die vereinigte Versammlung von Stadtmagistrat und Stadtverordneten,
berathend und beschließend in öffentlichen Sitzungen unter Vorsitz des Magistratsvorstehers,
„hat in denjenigen Angelegenheiten mitzuwirken, welche ihr gesetzlich
überwiesen sind“. Aus dem die Angelegenheiten aufzählenden § 115 der St.O. sind
hervorzuheben Wahl der Magistratsmitglieder, Entscheidung über Reklamationen gegen
Wählerlisten und Stadtverordnetenwahlen, über Pensionirungen von Magistratsmitgliedern
gegen deren Willen, über Pensionirungsgesuche, über Reklamationen des Rechnungsführers,
endlich über Rekurse gegen Entscheidungen (s. oben) der Stadtverordneten. Auch
kann sie Namens der Stadtgemeinde Bitten und Beschwerden bei der Landesregierung,
event. der Landesvertretung anbringen. «
4. Deputationen stehen unter Aufsicht und Leitung des Stadtmagistrates; ein
Mitglied des letzteren führt in ihnen den Vorsitz.
Die Commnnalsteuer wird nach dem Verhältnisse des Einkommens, wobei
eine steigende Scala bis zu 1:4 zulässig, aufgebracht, kann aber auch statutarisch bis zu
einem Drittel auf den Grundbesitz gelegt werden.
C. Die Landgemeinden. Die Organe sind: Gemeinderath und Gemeindevorsteher.
1. Der Gemeinderath, bestehend aus 6—9 Mitgliedern und dem den Vorsitz
führenden Gemeindevorsteher, der also nicht neben, sondern in jenem, als Mitglied, steht,
ist das alleinige Organ, welches „in allen wichtigen Angelegenheiten des Gemeinwesens
die Gemeinde nach der L. G.O. zu vertreten und bindende Beschlüsse für dieselbe zu fassen
hat". Die nach der L.G.O. „insbesondere“ ihm zukommenden Aufgaben sind im Wesent-
lichen diejenigen, welche in Städten der Zustimmung der Stadtverordneten bedürfen. —
Dem Gemeinderathe ohne Gemeindevorsteher steht das Recht der Beschwerde über letzteren
zu. 2. Der Gemeindevorsteher, gewählt von allen Wahlberechtigten aus 3 vom
Gemeinderath vorgeschlagenen Candidaten, der Bestätigung der Aussichtsbehörde bedürfend,
sein Amt, welches nicht abgelehnt werden darf, gegen angemessene Besoldung verwaltend,
führt die Gemeindeverwaltung mit Einschluß der Ortspolizei, soweit nicht dem Gemeinde-
rathe Mitwirkung zusteht. Er vertritt die Gemeinde gegen Behörden und Privatpersonen.
Besondere Bestimmungen regeln Pflicht, bezw. Recht des Einspruchs gegen a) ungesetzliche
oder b) das Gemeindewohl gefährdende Gemeinderathsbeschlüsse, worauf die Entscheidung
zu a) durch die Aufsichtsbehörden, zu b) durch den Kreisausschuß erfolgt. Dem Gemeinde-
vorsteher stehen Zwangsmittel und ein Nothverordnungsrecht zu.
Die Communalsteuer wird zur Hälfte, (welche statutarisch auf ein Viertheil er-
mäßigt werden kann,) vom Grundbesitz, zum anderen Theile vom Einkommen aufsgebracht.
III. Die Kreis-Kommunalverbände 1). Substrate der Kreiscommunalverbände
sind Gebiet und Anugehörige. Von den 6 Staatsverwaltungskreifen zerfällt der
Kreis Braunschweig in 3 Kr.C. Verbände, umfassend der Iste die Stadt Br., der 2te die
Amtsbezirke Riddagshausen und Vechelde, der 3te die in der Provinz Hannover belegene
Enclave Thedinghausen. Die übrigen 5 Kreise bilden je einen Kr.C. Verband. — Kreis-
angehörige sind alle diejenigen, welche innerhalb des Kreises ) ihren Wohnsitz haben.
Kreiscommunalangelegenheiten sind die in der Kr.O. als solche bezeichneten, aber
auch die „die Interessen aller oder eines größeren Theils der Gemeinden des Kreises, bezw.
der Kreisangehörigen berührenden, das gemeine Wohl betreffenden Angelegenheiten welche
künftighin durch einen vom Staatsministerium bestätigten Beschluß der Kreisversammlung
1) K.O. v. 5. Juni 1871 Nr. 35, G. v. 17. Dechr. 1873 Nr. 80. #
2) Die Bezeichnung „Kreis“ wird oft für „Kreiscommunalverband“, bezw. für das Gebiet
desselben, obgleich dieses mit den Staatsverwaltungs-Kreisen nicht immer zusammenfällt, gebraucht.