87. Die communalen Verbände. 119
für Kreiscommunalangelegenheiten erklärt werden“. DenKr. C. Verbänden steht Autonomie zu.
Das „Grundvermögen" der Verbandsverwaltung bilden die Kreisfonds ?.
Bei Unzulänglichkeit der Aufkünfte aus denselben werden Kreisabgaben erhoben, welche,
abgesehen von den unten zu erwähnenden Wegebaukosten, auf die Gemeinden und Ge-
markungen nach dem Verhältnisse der aus ihnen fließenden directen Staatssteuern (auch
die staatssteuerfreien Cammer= und Klostergüter sind Kreisabgabepflichtig) vertheilt, in den
Gemeinden selbst nach dem Communalsteuer-Fuße aufgebracht werden. Abweichungen
können unter gewissen Voraussetzungen eintreten.
Die Organe sind 1. die Kreisversammlungren und 2. die Kreisaus-
schüsser). 1. Die Kreisversammlungen bestehen aus 9 (Thedinghausen) bis
27 Mitgliedern, von denen die größte Zahl theils die Städte, theils die Landgemeinden,
eine geringe Zahl auch Wahlcollegien, gebildet aus höchstbesteuerten Grundbesitzern und
Gewerbetreibenden, wählen. Es treten noch wegen der „Theilnahme der im Domanial=
und Privatbesitze befindlichen Gemarkungen und Forsten an den Rechten und Lasten des
Kreises und wegen den concurrirenden Interessen der Kammer= und Klostergüter“ 2 von
Herzogl. Kammer zu ernennende Vertreter jeder Kreisversammlung, Thedinghausen aus-
genommen, hinzu. Als allgemeine Aufgaben der Kreisversammlungen, welche auf Kreis-
tagen unter von ihnen aus ihrer Mitte gewählten Vorsitzenden, unter Theilnahme der
Staatsbehörde mit berathender Stimme, in der Regel öffentlich berathen und beschließen,
bezeichnet die Kr. O. Hebung der Erwerbsquellen, Mehrung und Besserung der Bildungs-
mittel, Förderung der Sittlichkeit. Aus den „insbesondere“ zugewiesenen Aufgaben sind
hier hervorzuheben autonome Erlasse, Etat-Feststellung, Wahl des Kreisausschusses und
verschiedener Kreis-Commissionen u. s. w. Zu den wichtigsten Aufgaben der Kreiscom-
munalverbände gehören Wegebausachen, da nach der neuen Wegeordnung vom 5.
Juni 1871 Herstellung und Unterhaltung der Communicationswege jenen ob-
liegt. Der Kreisversammlung steht auf Grund der Vorarbeiten eines Staatsbaubeamten
und des Kreisausschusses die Feststellung des Wegebau-Etats zu. Die durch andere Ein-
nahmen (darunter Zuschüsse der Kreisfonds) nicht gedeckten Wegebaukosten werden auf
die Gemeinden und Gemarkungen nach dem Grundsteuerkapital und in diesen wieder auf
die cinzelnen Pflichtigen im wesentlichen nach demselben Maßstabe repartirt. — Der
Landesfürst kann die Kreisversammlung auflösen, „wird dann aber zugleich neue Wahlen
anordnen". 2. Den Kreisausschuß bilden die von der Kreisversammlung zu wäh-
lenden (1—7) Kreisdeputirten und der den Vorsitz führende, jedoch nur bei
Stimmengleichheit mitstimmende Vertreter der Staatsbehörde. Der Kreis-
ausschuß steht nicht, wie etwa Stadtmagistrat neben Stadtverordneten, als ein gewisser-
maßen gleichberechtigtes Organ neben der Kreisversammlung. Er hat nur „als Organ
der letzteren deren Beschlüsse, soweit erforderlich, vorzubereiten und demnächst zur
Ausführung zu bringen". Wegen der den Kreisausschüssen obliegenden Entschei-
dungen u. s. w., namentlich in Verwaltungsrechtssachen der Landgemeinden ist auf das in
§5 7, I unter a und b Gesagte zu verweisen.
Der Staatsbehörde steht Beanstandung der Ausführung von Beschlüssen der Kreis-
organe (wegen Ungesetzlichkeit, Gefährdung des Gemeinwohls) bis zu der ungesäumt ein-
zuholenden Entscheidung des Staatsministeriums zu.
Die wiederholt erwähnten „Staatsbehörden“ sind die Kreisdirectionen. Unter
deren Mitwirkung (zum Theil unmittelbar) übt die Aufsicht des Staates über die Kreis-
communalangelegenheiten das Staatsministerium, dessen Genehmigung auch nach
1) Den Kreisfonds sind im ganzen 15 000 000 M. überwiesen. G. v. 5. Juni 1871 Nr. 36.
L. A. v. 12. Juni 1874 Art. 7 und 8 und v. 4/10. September 1876 Art. 4.
2) In Braunschweig sind es die städtischen Organe. Auf die Stadt Br. bezieht sich also
das Folgende nicht.