Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

146 Pietscher, Das Staatsrecht des Herzogthums Anhalt. 8 9. 
Eine unfreiwillige Versetzung der Richter auf eine andere Stelle oder in den einst- 
weiligen Ruhestand erfolgt außer in dem Falle, wenn sie bei einer Veränderung in der 
Organisation der Gerichte oder ihrer Bezirke durch die Justiz-Verwaltung verfügt wird, 
unter Mitwirkung des großen Disziplinar-Senats des Oberlandesgerichts in Berlin. 
Eine Gehaltsminderung darf dabei nicht eintreten; Umzugskosten werden ersetzt. 
Eine unfreiwillige Versetzung von Richtern in den völligen Ruhestand erfolgt nach 
einem geordneten Verfahren und auf Grund eines Beschlusses des Oberlandesgerichts in 
Naumburg, wonach der Fall der Pensionirung vorliegt. 
Die — zwischen der Verwaltung und Justiz in der Mitte stehenden, zum bei weitem 
größten Theile beendeten — Separationen und Ablösungen werden auf Grund eines be- 
sonderen Staatsvertrages von der preußischen Generalkommission in Merseburg geleitet. 
§ 9. Verwaltung. I. Innere Verwaltung. Die oberste Leitung hat durch- 
weg das Staats-Ministerium; unmittelbar unter demselben steht eine kollegialisch organi- 
sirte Mittelbehörde, „die Regierung, Abtheilung des Innern“, welche ihren Sitz in Dessau 
hat, aus einem Präsidenten und verschiedenen Räthen besteht, darunter auch technische 
(Medizinalrath und -Assessor, Bergrath, Baurath). Sie ist zugleich die Oberbergbehörde 
und übt die durch die Bergordnung der Oberbergbehörde beigelegten Befugnisse, welche 
durchweg entsprechend den preußischen Bestimmungen geregelt sind. Sie ist die Landes- 
polizeibehörde und hat die Befugniß, polizeiliche Verordnungen mit Strafandrohung zu 
erlassen. Sie führt, beziehentlich in höherer Instanz, die Aufsicht über die Kreis= und 
Gemeinde-Verwaltung. Sie entscheidet in zweiter Instanz über Entscheidungen der ein- 
zelnen in Anhalt bestehenden Verwaltungsgerichte, nämlich a. der „Kreisdeputationen“ 
(von den Kreistagen gewählte Sonderausschüsse) in Wegebaustreitsachen; b. der Gewerbe- 
gerichte, welche in jedem Kreise zur Entscheidung über Gewerbe-Konzessions-Entziehungen 
und -Verweigerungen bestehen und je aus dem Kreis-Director, einem Richterbeamten und 
einem vom Kreistag gewählten Mitgliede bestehen; c. der Kreisdirektionskollegien, welche 
über die Einstellung verwahrloster Kinder in Besserungsanstalten entscheiden und in ähn- 
licher Weise organisirt sind. 
Die Entscheidungen der Regierung können durch Beschwerde beim Staatsministerium 
angefochten werden. 
Unter der Regierung stehen die 5 Kreis-Direktoren, von denen bereits die Rede 
war, welche in ihren Kreisen die sogenannte Kreispolizei, d. h. sämmtliche in der Polizei 
begrifflich liegenden Befugnisse und Verpflichtungen, nur mit örtlicher Beschränkung, üben, 
und die nächste Aufsicht über die Verwaltung der kleineren Städte und der Dörfer haben. 
In den 4 sogenannten Hauptstädten des Landes, Dessau, Bernburg, Cöthen und 
Zerbst, ist für den Gemeindebezirk die Kreispolizei den Gemeindevorständen überwiesen, 
welche unmittelbar unter der Regierung stehen. 
In den einzelnen Kreisen sind ferner polizeiliche Amtsbezirke gebildet, 
in denen die Polizei mit gewissen Beschränkungen von Amtsvorstehern geübt wird; 
diese werden vom Herzog ernannt und verwalten ihr Amt als ein Ehrenamt. Sie haben 
das Recht polizeiliche Strafen bis zu einem gewissen Betrage und unter Vorbehalt des 
Rechtsweges auszusprechen, und in ihrem Amtsbezirk Polizeiverordnungen mit Strafan- 
drohung zu erlassen. Sie unterstehen zunächst den Kreis-Directoren. 
In den Städten haben die Bürgermeister die Ortspolizei zu üben. Die Gemeinde- 
und Gutsvorstände sind im übrigen Organe der Amtsvborsteher. 
II. Finanzverwaltung. Die Finanzverwaltung des Landes (direkte Steuern, 
Domänen, Forsten u. s. w.) liegt in der Hand der „Finanzdirektion“, einer collegia- 
lischen Behörde mit einem Präsidenten. 
Daneben steht die „Staatsschuldenverwaltung“, eine nur dem Herzog
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.