Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

154 Böttcher, Das Staatsrecht des Fürstenthums Waldeck. 8 3. 
sicht auf Art. 44 der preußischen Verfassung, vor der Contrasignatur des Landesdirektors 
noch die Gegenzeichnung preußischer Minister. 
Das aus dem Begriff der vollziehenden Gewalt herzuleitende Recht der Behörden— 
organisation ist in der waldeck'schen Verfassung nicht ausdrücklich berührt. Auf dem Boden 
derselben würde eine wesentliche Aenderung in der Organisation bestehender oder die Er- 
richtung neuer Behörden zweifellos nur durch Gesetz erfolgen können. Dagegen hat sich 
Preußen in den Accessionsverträgen das Recht ausbedungen, die Justiz= und Verwal- 
tungsbehörden nach eigenem Ermessen anderweitig zu regeln, und es ist das dem Fürsten 
vorbehaltene Zustimmungsrecht zu Verfassungsänderungen und Gesetzen in Bezug auf diese 
Materie ausgeschlossen worden. 
Das Recht der Beamtenernennung ist, mit Ausnahme des Wirkungsbereiches 
des Consistoriums, für die Dauer des Accessionsvertrages selbstverständlich auf den König 
von Preußen übertragen; trotzdem ist in Art. 7 des Vertr. vom 24. Nov. 1877 noch 
ausdrücklich bestimmt: „Die sämmtlichen Staatsbeamten werden von Preußen ernannt 
und leisten S. M. dem Könige den Diensteid.“ Wenn indeß § 100 der waldeck'schen 
Verfassung das Ernennungsrecht an die Bedingung „vorzugsweiser Berücksichtigung der 
Juländer“ knüpft, so muß diese Bedingung auch jetzt noch als verbindlich betrachtet werden. 
Die Justizhoheit ist, soweit sie die Gesetzgebung in Justizsachen betrifft, auf 
das Reich übergegangen. Dadurch ist der von der richterlichen Gewalt und der Rechts- 
pflege handelnde Titel VII der Verfassung zum größten Theile gegenstandslos geworden. 
Soweit es sich um die eigentlich richterliche Gewalt handelt, ist, wie erwähnt, dem Fürsten 
durch den Accessionsvertrag das Begnadigungsrecht in den verfassungsmäßigen und ge- 
setzmäßigen Grenzen vorbehalten. Nach § 12 der Verf. hat der Fürst das Recht der Be- 
gnadigung und der Strafmilderung, sowie der Amnestirung und Abolition. Es kann wohl 
keinem Zweifel unterliegen, daß das Recht der Amnestirung unter dem dem Fürsten 
vorbehaltenen Begnadigungsrechte mitbegriffen ist. Dagegen ist das Recht der Abolition 
hinfällig geworden. Eine verfassungsmäßige Einschränkung erleidet das Begnadigungs- 
recht insofern, als es im Falle der Ministeranklage nur mit Zustimmung der Stände 
ausgeübt werden kann. 
Die Militärhoheit des Fürsten, an sich bereits durch die Reichsverfassung 
modificirt, erleidet eine weitere Beschränkung durch die mit Preußen abgeschlossene Mili- 
tärconvention (die gegenwärtig geltende vom 24. Nov. 1877). 
Nach derselben leisten die in Waldeck-Pyrmont zur Aushebung gelangenden Wehrpflichtigen 
ihre active Dienstpflicht in preußischen Truppentheilen ab. Der König von Preußen will, unbe- 
schadet des ihm als deutschem Kaiser reichsverfassungsmäßig zustehenden Dislocationsrechts, ein 
preußisches Bataillon dauernd als Garnison in Arolsen belassen, „soweit nicht besondere militä- 
rische oder politische Interessen dem entgegenstehen.“ Die aus den Fürstenthümern ausgehobenen 
Wehrpflichtigen leisten dem Fürsten den Fahneneid unter verfassungsmäßiger Einschaltung der 
Gehorsamsverpflichtung gegen den deutschen Kaiser. Sie tragen neben der Kokarde ihres Truppen- 
theils die fürstliche Landeskokarde. Der Fürst steht zu den innerhalb der Fürstenthümer dislo- 
cirten preußischen Truppen im Verhältniß eines commandirenden Generals und übt neben den 
bezüglichen Ehrenrechten, unter welchen namentlich auch das Recht, über die aufzustellenden Ehren- 
posten und die den Mitgliedern der fürstlichen Familie einzuräumenden Ehrenrechte Bestimmung 
zu treffen, verstanden ist, die entsprechende Disciplinarstrafgewalt aus. Das Begnadigungsrecht 
in Bezug auf die Militärgerichtsbarkeit ist, unter Zusicherung möglichster Berücksichtigung etwaiger 
Wünsche des Fürsten, dem Könige vorbehalten. Die von der Garnison benutzten Lokalitäten 
behalten äußerlich in Wappen und Farbe die bisherigen Hoheitszeichen. Vom I1. Okt. 1887 ab 
kann die Konvention von beiden Seiten mit zweijähriger Frist gekündigt werden. 
Die Vertretung des Staates nach Außern ist, wie schon erwähnt, 
auch für die Dauer des Accessionsvertrages dem Fürsten verblieben. Er übt sie „durch 
den Landesdirektor und unter dessen Verantwortlichkeit." 
Demnach ernennt der Fürst den Vertreter Waldecks im Bundesrathe. Auch steht 
ihm allein das Recht zu, Verträge mit anderen Staaten zu schließen, soweit dies Recht
	        
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