156 Böttcher, Das Staatsrecht des Fürstenthums Waldeck. 8 4.
Veräußerungen und Verpfändungen der Domanialstücke, sowie auf Verfügungen, durch welche
die Substanz des Domaniums verringert werden würde, dasselbe Zustimmungsrecht zu wie den
Ständen. Der Fürst legt alljährlich den Ständen wie der preußischen Regierung eine Uebersicht
des Domanialstammvermögens nebst einer Nachweisung der darin eingetretenen Veränderungen
vor. Von dem Domanium werden die Ausgaben für das Konsistorium bestritten. Eine Mitbe-
nutzung der Landesdienststellen durch die Domanialverwaltung findet auch jetzt nicht statt. Nach
Ablauf des Accessionsvertrages tritt selbstverständlich der Rechtszustand des Rezesses von 1853
in vollem Umfange wieder in Kraft.
Zu den pekuniären Rechten des Fürsten wird noch zu zählen sein die Steuer—
freiheit des Domanial- und Fideicommißvermögens des fürstlichen Hauses und dessen
gräflicher Linie, soweit dasselbe bis zum Jahre 1848 die Steuerfreiheit genoß. Zu den
Kreis- und Gemeindesteuern werden indeß die Aecker, Wiesen und Gärten des Domaniums
unter Zustimmung des Fürsten und der preußischen Regierung herangezogen. Die Mit—
glieder des fürstlichen Hauses mit Einschluß der gräflichen Linie sind von allen directen
persönlichen Steuern frei.
8 4. Der Landtag. Der Zweck desselben ist in 8 46 der V.U. wie folgt ausge—
sprochen: „Zur Wahrnehmung der verfassungsmäßigen Rechte, namentlich des Rechtes der Mit-
wirkung bei der Gesetzgebung (§ 6) und des Steuerbewilligungsrechts (§ 85 u. f.), besteht, als
gesetzliche Vertretung der gesammten Staatsangehörigen und des ganzen Landes, für die
vereinigten Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont ein gemeinsamer Landtag.“ Der Land-
tag wird — auf Grund des in Einzelnheiten mehrfach, namentlich durch Ges. vom
2. Aug. 1856 geänderten Wahlgesetzes v. 17. Aug. 1852 — gebildet aus zwölf Abge-
ordneten aus dem Fürstenthum Waldeck und drei Abgeordneten aus dem Fürstenthum
Pyrmont, welche in Wahlbezirken nach den Grenzen der Kreiseintheilung durch Wahl-
männer der einzelnen Ortsgemeinden auf drei Jahre gewählt werden. In jeder Orts-
gemeinde werden je nach ihrer Größe 3, 6, 9, 12 Wahlmänner gewählt. Die Wahl
derselben erfolgt durch die stimmberechtigten Gemeindebürger in der Weise, daß dieselben
nach dem Maße ihrer Steuerleistung in drei Abtheilungen getheilt werden und jede Ab-
theilung ein Drittel der Wahlmänner ernennt. Stimmberechtigter Gemeindebürger (vgl.
88 16—18 der Gemeindeordnung vom 16. Aug. 1855) ist jeder Staatsangehörige, welcher
das 25. Lebensjahr zurückgelegt und einen eigenen Hausstand hat, seit einem Jahre der
Gemeinde als Mitglied angehört und mindestens 1 Thlr. als Jahresbetrag an direkten
Steuern entrichtet oder ein Grundstück im Werthe von 100 Thalern oder ein Wohnhaus
im Gemeindebezirk besitzt. Die Gründe für die Ausschließung vom Wahlrecht decken sich
im Wesentlichen mit denjenigen des Reichswahlgesetzes. Zum Abgeordneten wählbar
ist jeder männliche Staatsangehörige, der das dreißigste Lebensjahr zurückgelegt hat, seit
mindestens zwei Jahren dem Staate angehört, unbescholten ist und sich nicht im Concurs
oder unter Curatel befindet. Die Wahl der Wahlmänner sowohl wie der Abgeordneten
erfolgt durch mündliche Stimmabgabe zu Protokoll. Zur Gültigkeit der Wahl der
Abgeordneten wird erfordert, daß mindestens die Hälfte der Wahlmänner des betr. Wahl-
körpers sich an der Wahl betheiligt habe. Muß wegen Mangels der erforderlichen Zahl
ein neuer Termin anberaumt werden, so haben die ohne genügende Entschuldigung Aus-
gebliebenen den Erschienenen die verursachten Zehrungs= und Reisekosten zu ersetzen. Per-
sonen, welche ein öffentliches Amt bekleiden, bedürfen, um Mitglieder des Landtages zu
werden, keines Urlaubs ihrer vorgesetzten Behörde. Wenn ein Abgeordneter in die Dienste
des Staates oder in den Hofdienst tritt, oder eine Beförderung darin annimmt, so er-
lischt sein Auftrag, er behält indeß seinen Sitz in der Versammlung bis zum Eintritt des
Neugewählten und ist wieder wählbar.
Betreffs seiner Thätigkeit ist der Landtag vor Allem an das Berufungs-,
Schließungs-, Vertagungs= und Auflösungsrechtdes Fürsten (zur Zeit des Königs
von Preußen) gebunden. Dies Recht des Fürsten ist jedoch nicht ganz unbeschränkt; vielmehr