Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

84. Der Landtag. 157 
wird nach § 55 der V. U. der Landtag „regelmäßig im Laufe des Monats Oktober jedes 
Jahres“ versammelt. Auch ist der Fürst bezw. der Regent beim Regierungsantritt ge- 
halten, innerhalb sechs Wochen den Landtag zu versammeln. Die Vertagung darf ohne 
Zustimmung der Stände weder zwei Monate überschreiten, noch während derselben Diät 
wiederholt werden. Im Falle der Auflösung müssen die neugewählten Stände innerhalb 
3 Monate nach derz Auflösung versammelt werden. Zur Beschlußfähigkeit des Land- 
tages ist die Anwesenheit von wenigstens . sämmtlicher Abgeordneten erforderlich. Die 
Sitzungen sind öffentlich. Der Landtag prüft die Vollmachten seiner Mitglieder und ent- 
scheidet über deren Zulassung. Er kann, „wenn ein Abgeordneter an der Wahrnehmung 
der Geschäfte dauernd behindert ist oder sich denselben beharrlich entzieht, sowie bei 
unwürdigem Betragen dessen gänzlichen Austritt auf die übrige Dauer der Wahlzeit be- 
schließen“, indeß nur mit einer Mehrheit von /4 sämmtlicher Landtagsmitglieder. Auch 
in der Regelung seiner Geschäfte sowie überhaupt seiner inneren Angelegenheiten ist der 
Landtag autonom; jedoch werden diejenigen Punkte, welche die geschäftliche Beziehung 
zur Staatsregierung betreffen, durch Uebereinkunft geordnet. Die Mitglieder der Staats- 
regierung müssen in den Sitzungen des Landtages und der Ausschüsse zu jeder Zeit ge- 
hört werden. · 
Unter den politischen Rechten des Landtags nennt die Verfassung selbst als 
die bedeutendsten das Recht der Mitwirkung bei der Gesetzgebung und das Steuerbe— 
willigungsrecht. Das erstere beschränkt sich nicht auf das Recht der Annahme oder Ab— 
lehnung bezw. Amendirung von Regierungsvorlagen, sondern es gewährt auch die Be— 
fugniß, „die Vorlage von Gesetzen zu beantragen.“ Das Steuerbewilligungsrecht beruht 
außer auf dem Rechte der periodischen Etatsfeststellung besonders auf § 85 der V. U., enach 
welchem zur Einführung neuer Steuern, sowie zur Aenderung oder Forterhebung der be- 
stehenden die Zustimmung des Landtages erforderlich ist. Jedoch dürfen die zu einer den 
Bundespflichten und der Landesverfassung entsprechenden Regierung nothwendigen Mittel 
nicht verweigert werden. Im Zusammenhange mit dem Budgetrechte stehen die weiteren 
Bestimmungen, daß ohne Zustimmung des Landtages neue Landesschulden nicht gemacht 
werden können, sowie daß die nach Anleitung des Staatshaushaltsetats von der Finanz- 
verwaltung jährlich zu legende Rechnung dem Landtage vorgelegt werden muß. Nach 
ausdrücklicher Bestimmung der Verfassung darf kein Theil des Staatsgebiets ohne Zu- 
stimmung der Stände veräußert werden. 
Um dem Landtage dic allgemeine Wahrnehmung der verfassungsmäßigen Rechte zu 
ermöglichen, hat ihm die Verfassung noch eine Reihe weiterer Befugnisse ausdrücklich bei- 
gelegt. Vor Allem kann er verlangen, daß in seinen Sitzungen die Regierung vertreten 
sei. Er ist befugt, über alle Landesangelegenheiten Auskunft zu begehren, sowie zur Auf- 
klärung von Thatsachen und Vorbereitung seiner Berathungsgegenstände Ausschüsse nieder- 
zusetzen, welche zu ihren Sitzungen Sachverständige zuziehen können. Er kann Adressen, 
Beschwerden und Bitten in allen Landesangelegenheiten an den Fürsten bringen, wie er 
andererseits Petitionen entgegennehmen und berathen darf. Im Falle der Verfassungs- 
verletzung von Seiten eines verantwortlichen Mitgliedes der Staatsregierung hat der 
Landtag das Recht, nach näherer Bestimmung des Gesetzes Anklage zu erheben. Dies 
Gesetz ist das schon am 4. Juni 1850 erlassene Gesetz über die Verantwortlichkeit der 
Mitglieder der Staatsregierung wegen Verfassungsverletzungen; es ist bis heute in Kraft 
geblieben, nur ist durch Ges. v. 5. Mai 1857 als das Gericht, bei welchem die Anklage 
zu erheben ist, an Stelle des dort in Aussicht genommenen „Reichsgerichts“, der für 
Waldeck und Pyrmont in Straf= und Civilsachen bestellte oberste Gerichtshof „bis auf 
weitere gesetzliche Anordnung“ bezeichnet worden. 
Unter den persönlichen Rechten der Abgeordneten steht obenan, daß sie
	        
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