174 Bömers, Das Staatsrecht des Fürstenthums Schaumburg-Lippe. 8 6.
Ordnungsstrafen verhängt die vorgesetzte Behörde; gegen die Verfügung findet ein
einmaliger Recurs statt, dieser ist bei der Regierung, und wenn die Strafverfügung von
der Regierung erlassen ist, beim Landesherrn anzubringen. Uebrigens entscheidet in Dis-
ciplinarsachen der Disciplinarhof, eine aus fünf Mitgliedern (3 Richtern und zwei
höheren Verwaltungsbeamten) zusammengesetzte Behörde. Die Mitglieder ernennt der
Landesherr. In Disciplinarsachen gegen Richter entscheidet das Plenum des Landge-
richts. In zweiter Instanz entscheidet das Plenum des Oberlandesgerichts in Oldenburg.
Eine Suspension vom Ante tritt ein, wenn gegen den Beamten im ordentlichen
Strafverfahren die Verhaftung beschlossen, wenn er eine rechtskräftig erkannte Freiheits-
strafe antritt, wenn ein noch nicht rechtskräftiges Urtheil gegen ihn erlassen ist, welches
den Verlust des Amts zur Folge hat, und wenn im Disciplinarwege ein noch nicht rechts-
kräftiges Urtheil gegen ihn ergangen ist, welches auf Dienstentlassung lautet. Wittwen
von Staatsdienern haben einen Anspruch auf Pension, elternlose Waisen einen Anspruch
auf Erziehungsgeld bis zum vollendeten 17. Lebensjahre.
§ 6. Die Staatsverwaltungsbehörden. Die Staatsverwaltung geht vom Fürsten aus.
Zum Ressort des Cabinets gehören die Angelegenheiten des Fürstlichen Hauses, das
höchste Aufsichtsrecht über das Kirchen= und öffentliche Unterrichtswesen, die Gnadensachen.
Die Verwaltung der Fürstlichen Domainen, Finanzregalien, Bergwerke und Forsten führt
die Rentkammer. Das Hofmarschallamt besforgt die Ceremoniell-Angelegen-
heiten, die Leitung des Hofdienstes, die Polizei innerhalb der Schloß= und Gartenbezirke,
ihm steht die Oberaufsicht über die Residenz= und Lustschlösser, Marstall u. s. w. zu, auch
dependirt von ihm die Verwaltung der Hofbibliothek.
Das Haus= und Staatsarchiv verwaltet ein Archivar.
Den Konsularschutz über Staatsangehörige außer Landes üben zwei Consuln,
von denen einer in Hamburg, der andere in Bremen. Die oberste Staatsbehörde ist
die Landesregierung.
Durch Verfügung des Grafen Wilhelm vom 22. Januar 1765 wurden die Geschäfte der
„Kanzlei“, welche nach Theilung der alten Grasschaft sortdauernd als oberste Landesverwal-
tungsbehörde und zugleich als oberster Gerichtshof bestanden hatte, dergestalt getheilt, daß die
„Justiz-Canzlei“ fortan oberste Justiz-Behörde war, während die „Regierungs-Conferenz“ die
Landes-Administrationsgeschäfte zu erledigen hatte. Die Negierungs-Conferenz bestand aus den
Mitgliedern der Justiz-Canzlei und der Rentkammer. Im Jahre 1777 wurde an Stelle der
Regierungs-Conferenz die Regierung als selbstständige Behörde eingesetzt.
Der Geschäftskreis der Regierung begreift die gesammte innere Landesverwaltung,
sowie die äußeren Angelegenheiten, welche aus Beziehungen des Staats zu anderen
Bundesstaaten resultiren. Sie bildet zugleich die Lehnkammer. Zu ihrem Ressort ge-
hören das Aufsichtsrecht hinsichtlich sämmtlicher Gerichte des Landes und der Staatsan-
waltschaft, die Militairangelegenheiten, die Angelegenheiten der Post und der Telegraphie,
soweit die Landesbehörden sich an deren Verwaltung zu betheiligen haben. Die Geschäfte
sind unter die Mitglieder der Regierung nach Referaten vertheilt, durch Gegenzeichnung
und Unterzeichnung der Erlasse übernimmt das zeichnende Mitglied die Verantwortlichkeit.
Von der Regierung dependiren die folgenden Behörden, Commissionen, Anstalten
und Beamte: Die Polizeibehörden, das Gendarmerie-Commando, die Standesämter, das
Aichamt, die Ablösungs-Commission und die Direction der Ablösungs-Tilgungscasse, die
Gewerbecommission, die Eisenbahn-Commission, diese jedoch nur — soweit staatliche Rück-
sichten dabei in Betracht kommen, die finanziellen und administrativen Functionen ressor-
tiren von der Rentkammer, — die Wegebau-Verwaltung, die Deputation für das Hei-
mathwesen, die Landes-Kassen-Verwaltung, das Gymnasium, das Katasteramt, die Aerzte
und Apotheker, die beeidigten Landmesser, die Examinations-Commissionen für Juristen,
-erzte, Thierärzte, Apotheker, Geometer, die Kirchendiener der reformirten und katho-